Eingeständnis nach Wahlniederlage:Ein letztes Mal Glänzen

Donald Trump beim Golf

Dass Trump zumindest beim Golfen kein guter Verlierer ist, hat man inzwischen öfter gehört.

(Foto: Steve Helber/AP)

Die Praxis der "Concession Speech" ist nicht beschämend, wie Trump das vermutlich denkt. Sie ist ein fast magisches Ritual - und nutzte in der Vergangenheit schon so manchem glücklosen Präsidenten.

Von Jörg Häntzschel

Der Reiz von Donald Trumps Reality-Show "The Apprentice" bestand nicht darin, miterleben zu dürfen, wie Trump schlummernde Business-Talente entdeckte. Trump und seine Zuschauer genossen es vielmehr, Versagern dabei zuzusehen, wie ihre Träume platzten und sie ihr verdientes Urteil erhielten: "You're fired" lautete der von Trump ausgespuckte Satz, dem dann der Abgang der gedemütigten und vernichteten Kandidaten folgte.

Kein Wunder, dass viele Trump diesen Fallbeilsatz nun ebenfalls hinterherriefen. Trump selbst, davon kann man ausgehen, fühlt sich ebenfalls gefeuert.

Nie aufgeben, immer angreifen, das hat er in "Die Kunst des Deals" als Geheimnis seines Erfolgs bezeichnet. Doch eine Wahl ist keine Verhandlung über den x-ten Millionenkredit oder den Preis für ein Grundstück, eine Wahl ist kein "Deal". Einer gewinnt, einer verliert, und jetzt hat Trump verloren und ist mit seiner Kunst am Ende.

Trump versteht aber offenbar nicht, dass die politische Tradition der USA für große Verlierer der Politik, besonders die raren Fälle der Präsidenten, die nach nur einer Amtszeit abgewählt werden, goldene Brücken bereitstellt, über die sie nur gehen müssen. Die wichtigste ist die "concession speech", das öffentliche Eingeständnis der Wahlniederlage. Es ist kein walk of shame, wie Trump scheinbar glaubt, sondern ein fast magisches Ritual, das es dem Verlierer erlaubt, zumindest nach außen alles, was an der Niederlage fürchterlich und beschämend ist, in Glanz und Sympathiepunkte zu verwandeln. Und mehr als das: Der abgewählte Präsidenten gesteht nicht nur seine Niederlage ein, er erlangt seine Handlungsfähigkeit wieder zurück. Er erklärt den Wahlkampf für beendet, setzt den Zähler mit seinem Stimmenrückstand auf null, und demonstriert mit seiner Gratulation an den Nachfolger, dass er aus der Opfer- in die Rolle des Staatschefs zurückkehrt.

Es geht dabei nicht nur um das Seelenheil des Verlierers. Ein gedemütigter Präsident würde das Land bis zur Amtseinführung des Nachfolgers schwächen. Ein Volk, dessen eine Hälfte nun vor einem Loyalitätskonflikt steht - soll sie ihrem Kandidaten folgen oder dem neuen Präsidenten? - könnte das Land destabilisieren. Und auch das Amt selbst muss vor unwürdigem Gerangel geschützt werden.

Ohnehin geht das Land wohlwollend mit seinen Ex-Präsidenten um, ganz egal, wie unbeliebt sie im Amt waren. Von vielen werden sie weiterhin "Mr. President" genannt, als würde der Titel auf Lebenszeit vergeben. In den ersten Jahren nach ihrem Ausscheiden können sie sich mit den presidential libraries selbst Denkmäler bauen. Oft ist es, als sei bei der Beurteilung von Ex-Präsidenten das Stigma der Niederlage schon als Mitleidsbonus eingepreist. Alles, was unterlegene Kandidaten an Gutem tun, wird ihnen doppelt angerechnet, da sie sich ja auch beleidigt verkriechen oder in Konzernen Kasse machen könnten.

So wurden auch aus eher glücklosen Präsidenten oder Vizepräsidenten später Elder Statesmen und moralische Gewissen der Nation: Jimmy Carter bekam 2002 den Friedensnobelpreis für seine Menschenrechtsinitiative. Al Gore, der im Jahr 2000 gegen George W. Bush unterlag, bekam ihn 2007 für seine Engagement gegen die Klimakatastrophe.

Nur Trump hat für das Gewinnen im Verlieren keinen Sinn: Er hat noch nicht mal seinen Unterstützern gedankt. Hätte er die Niederlage eingestanden, könnte er seine Würde zurückgewinnen, solange er es nicht tut, verliert er sie - immerhin vor dem halben Land, das ihn nicht gewählt hat - täglich neu.

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