Agentur für Arbeit:Robust trotz Corona

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Die Zahl der Lehrverträge ist jedoch rückläufig

Dieses Jahr war nicht einfach, weder für die Schulabgänger noch für die Betriebe im Landkreis. Dennoch ist Nikolaus Windisch, Leiter der Agentur für Arbeit in Freising, die für die Landkreise Freising, Erding, Ebersberg und Dachau zuständig ist, mit dem Start in das neue Ausbildungsjahr zufrieden. Viele Arbeitgeber stellten nach wie vor Azubis ein; fast alle Jugendlichen, die sich zur Berufsberatung angemeldet hätten, seien in eine berufliche oder schulische Ausbildung gestartet, bilanziert Windisch. "Einen 'Corona-Jahrgang' sehen wir hier glücklicherweise nicht." Zehn junge Leute im Landkreis Erding hatten bis Oktober nichts Passendes gefunden.

Die konkreten Zahlen: Die Betriebe im Landkreis suchten über die Agentur für Arbeit von Oktober 2019 bis September 2020 insgesamt 652 Azubis, das waren 96 weniger als ein Jahr zuvor. Zum Ausbildungsstart im September waren 121 Stellen noch unbesetzt, 57 mehr als in der Saison davor. Im gleichen Zeitraum meldeten sich 567 junge Frauen und Männer auf Ausbildungssuche bei der Berufsberatung, 49 weniger als im Vorjahr. Wer bisher leer ausgegangen ist, sollte sich nicht entmutigen lassen, rät Harald Brandmaier, Leiter der Berufsberatung. Auch jetzt, Wochen nach dem offiziellen Start des Ausbildungsjahres, würden immer noch Lehrstellen vermittelt. Offene Stellen gab es zuletzt für Lagerlogistikfachkräfte, Kaufleute im Einzelhandel, Verkäufer, Fleischerei- und Bäckereifachverkäufer und Zahnmedizinische Fachangestellte.

Auch Kreishandwerksmeister Rudolf Waxenberger würde sich über zusätzliche Azubis für seine Innungen freuen, heißt es in der Jahresbilanz der Arbeitsagentur. Im Handwerk wurden im Landkreis Erding seit Jahresbeginn 286 Lehrverträge abgeschlossen, 26 weniger als im Jahr zuvor. "In den letzten Jahren schienen sich die Neuzugänge an Auszubildenden im Handwerk im Landkreis auf einem niedrigen, aber erträglichen Niveau zu verstetigen," so Waxenberger. "In diesem Ausbildungsjahr müssen wir aber mit einem Minus von acht Prozent rechnen." Dieses Ergebnis würde weder der Attraktivität, noch dem gesellschaftlichen Stellenwert, der Wirtschaftskraft oder der Ausbildungsleistung des Handwerks gerecht.

Ein immer größerer Teil der Jugendlichen entscheide sich - "getrieben von ihren Eltern und dem sozialen Umfeld" - für einen akademischen Berufsweg. Auch die Ausbildung von Jugendlichen mit Fluchthintergrund könne diese Situation nicht entschärfen. Von derzeit 793 Auszubildenden im Handwerk im Landkreis Erding sind nur 30 junge Flüchtlinge. Einen Rückgang der Lehrverträge gibt es laut Waxenberger bei den Bäckern und Feinwerkmechanikern, dagegen konnten Elektroniker, Maler und Lackierer und Maurer deutliche Zuwächse bei den Lehrverträgen verzeichnen.

Leicht rückläufig ist die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Bereich der Industrie- und Handelskammer. Zum Ausbildungsbeginn meldete die IHK 236 neue Auszubildende in ihren Betrieben, 6,7 Prozent weniger als im Vorjahr. Corona habe den Ausbildungsmarkt nicht verschont, bilanziert Hubert Schöffmann, bildungspolitischer Sprecher des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags. "Festzuhalten aber ist: Der Ausbildungsmarkt zeigte sich im Herbst 2020 trotzdem als robust und aufnahmefähig. Die Unternehmen in Industrie, Handel und Dienstleistungssektor setzen zur Fachkräftesicherung weiterhin auf die betriebliche Ausbildung." Die Herausforderung, der sich auch die IHK in Zukunft verstärkt stellen müsse, liege somit auf der Stabilisierung und der Verbesserung der Nachfrage bei den Jugendlichen.

2112 junge Frauen und Männer werden seit Beginn des Schuljahres 2020/2021 in 101 Klassen an der Berufsschule unterrichtet. Die Schülerzahlen seien insgesamt nur leicht rückläufig, wie Dieter Link, Leiter der Berufsschule Erding, laut Mitteilung erklärt. "Sinkende Schülerzahlen beobachte er bei den Friseuren, den Fluggerätemechanikern, den Kfz-Mechatronikern und in den Gastronomieberufen inklusive Köchen. Zuwächse gibt es dagegen bei den Büromanagementkaufleuten, bei den Tischlern und im Baubereich. 48 Jugendliche ohne Ausbildungsberuf werden in schulischen Vollzeitangeboten unterrichtet; 75 Schüler haben einen Fluchthintergrund und besuchen eine Berufsintegrationsklasse.

Wie wichtig eine abgeschlossene Ausbildung ist, das betont Windisch, sowohl als Grundstein für ein erfolgreiches Berufsleben für junge Menschen als auch für Betriebe, für die der eigene qualifizierte Nachwuchs eine wichtige Voraussetzung für den Fortbestand des Unternehmens sei. Die Bilanz für das Berufsberatungsjahr 2019/2020 falle angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen insgesamt positiv aus. Eine Prognose für die weiteren Entwicklungen am Ausbildungsmarkt sei im Moment allerdings sehr schwierig bis unmöglich.

© SZ vom 14.11.2020 / ts/psc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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