TSV 1860 München:"Bei uns sind nicht alle Spieler 1,90 Meter"

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Vor einer Woche noch Vierfach-Torschütze beim 6:1 gegen Halle, diesmal schwer enttäuscht: Mittelfeldspieler Dennis Dressel nach dem Schlusspfiff. (Foto: Stefan Matzke/sampics)

Der TSV 1860 verliert in Dresden, die Unterschiede zwischen den Teams werden deutlich - insbesondere auf den Ersatzbänken und in der Luft.

Von Markus Schäflein

Der Zweitliga-Absteiger Dynamo Dresden verfügt über einen für Drittligaverhältnisse exquisiten Kader, das spiegelte sich bis zum Sonntagnachmittag allerdings noch nicht in den Leistungen in dieser Saison. Der Tabellenzweite TSV 1860 München reiste mit der Maßgabe seines Trainers Michael Köllner an, dafür zu sorgen, dass die Qualität der Dresdner auch weiterhin kaum zu erkennen ist; es handele sich ja um "die stärkste Mannschaft der Liga, wenn man die Einzelspieler nimmt". Die gute Nachricht für die Löwen: Die Qualität der Dresdner war kaum zu erkennen. Die schlechte: Verloren haben die Sechziger trotzdem, 1:2 (1:1). Und das lag am Schienbein von Sascha Mölders. Nach einem Eckball sprang der Ball von dort genau vor die Füße des Dresdner Siegtorschützen Ransford-Yeboah Königsdörffer (70.). Köllner konstatierte "bei dem Standard wieder ein bisschen Slapstick".

Ansonsten erklärte der Trainer, der im Vergleich zum 6:1 gegen Halle nur eine Position verändert hatte (Erik Tallig für Fabian Greilinger) bei Magenta Sport: "Ich glaube, dass wir ein gutes Auswärtsspiel gemacht haben." Zumindest der Beginn war nicht schlecht, in einer torchancenarmen ersten halben Stunde zeigten die Löwen die bessere Spielanlage, trafen allerdings, wenn mal im Umschaltspiel eine Torchance greifbar war, beim vorletzten oder letzten Pass "keine guten Entscheidungen". Eine gute Entscheidung war es hingegen in der 27. Minute von Phillipp Steinhart, einen Volleyschuss abzusetzen; der Ball flog auf krummer Bahn unhaltbar ins Netz.

"Wir haben nicht die Möglichkeiten wie Dynamo, wenn man sich nur die Bank anschaut."

Doch die Führung hielt nur fünf Minuten. Der frühere Münchner Zweitligaprofi Yannick Stark - neben Philipp Hosiner, Christoph Daferner und Patrick Weihrauch einer von vier ehemaligen Sechzigern bei Dynamo - durfte äußerst unbehelligt durchs Mittelfeld marschieren und abschließen (32.). "Daniel Wein, schon mit Gelb vorbelastet, hat sich Stahl nicht so hart zu attackieren getraut", erklärte Köllner bei der Pressekonferenz, "dann hat das Ding seinen Lauf genommen, zwei, drei andere Spieler haben das dann auch nicht gut nach vorne verteidigt." Nach dieser Szene konnte Sechzig zunehmend froh sein, mit dem Remis in die Kabine zu gehen, Dynamo-Innenverteidiger Sebastian Mai scheiterte erst mit einem Distanzschuss an 1860-Torwart Marco Hiller (42.) und nach der anschließenden Ecke per Kopf an der Querlatte.

"Man sieht die Klasse von Dresden", meinte Köllner, wenngleich man sie selten gesehen hatte, "aber es war jetzt nicht unbedingt so, dass sie das Spiel gewinnen mussten." Damit bezog er sich auch auf eine Szene kurz nach dem Seitenwechsel, als Mölders an einer Parade von Dynamo-Torhüter Kevin Broll scheiterte (48.). Sechzig kam dann wieder besser in die Partie - bis Mölders auf der anderen Seite zum unfreiwilligen Vorlagengeber wurde.

Danach kam von den Löwen allerdings keine echte Schlussoffensive mehr. Weite Schläge auf dem holprigen Platz waren keine Option gegen die groß gewachsenen Dresdner (Köllner: "Bei uns sind nicht alle Spieler 1,90 Meter"). Im Kadervergleich mit Dresden sind es aber, davon abgesehen, weniger die Stammformationen, die sich unterscheiden, sondern vor allem die Ersatzbänke. In der Breite sind bei Sechzig eben vor allem junge Talente im Aufgebot - und so hatte Köllner wenig für ein Aufbäumen nachzulegen. Zumal ihm diesmal Martin Pusic fehlte, sein einziger routinierter Einwechselkandidat für den Angriff: Der 33-Jährige hatte sich am Samstag im Abschlusstraining die Mittelhand gebrochen. Am Montag wird der Österreicher operiert, er fällt wohl zwei Wochen aus. Köllner wechselte lange gar nicht und dann noch Greilinger, 20, und Johann Ngounou Djayo, 19, ein. "Wir haben nicht die Möglichkeiten wie Dynamo, wenn man sich nur die Bank anschaut", erklärte er, "das ist kein Vorwurf, das ist einfach so. Wir müssen uns weiter entwickeln, wir haben schon noch viele Themen vor uns, die wir im Training anpacken müssen."

Allzu viel zu lamentieren gab es sonst aber nicht. Angesichts der anderen Ergebnisse vom Wochenende stehen die Löwen immer noch auf Platz zwei, immer noch vor Ingolstadt, und auch immer noch einen Zähler vor Dresden. Und auch vor Rostock und Türkgücü München, die allerdings beide einen Punkt, aber auch ein Spiel weniger aufweisen als der TSV 1860. Türkgücü gewann am Samstag 2:1 gegen Duisburg - durch zwei Treffer des vom MSV geholten Angreifers Petar Sliskovic. Sechzig spielt nun gegen Uerdingen (21. November), in Verl (24.) - und dann steht am 28. November schon das neue Münchner Derby an.

Vor einer Woche noch Vierfach-Torschütze beim 6:1 gegen Halle, diesmal schwer enttäuscht: Mittelfeldspieler Dennis Dressel nach dem Schlusspfiff. (Foto: Stefan Matzke/sampics)
© SZ vom 16.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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