Basketball:Rutschiges Alltagsparkett

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Leon Radosevic (rechts) war nach seiner Leistenverletzung erstmals weder in der Münchner Startformation. Gegen Frankfurt wurde er von Coach Andrea Trinchieri dosiert eingesetzt, zeigte eine gute Leistung und kommt immer besser in Schwung. Das ist auch nötig, denn es stehen schwere Aufgaben bevor. (Foto: Jan Huebner/imago)

Die Bundesliga-Basketballer des FC Bayern liegen zur Pause gegen hoch motivierte Frankfurter hinten. Um nach dem Wechsel von ihrem tief besetzten Klassekader zu profitieren und noch deutlich zu gewinnen.

Von Ralf Tögel, München/Frankfurt

Würde es für Spiele, in denen sich ein klarer Favorit zum Erfolg müht, den Begriff Arbeitssieg nicht längst geben, so hätte man ihn für das Gastspiel der Basketballer des FC Bayern München bei den Fraport Skyliners Frankfurt erfinden müssen. Denn eine Halbzeit lang hatten die Gäste enorme Probleme, auch nur einigermaßen zu ihrer Standartleistung zu finden. Einmal mehr schien Trainer Andrea Trinchieri indes in der Halbzeitpause den passenden Ton angeschlagen zu haben, denn nach dem Wechsel steigerten sich die Bayern und reisten mit einem letztlich ungefährdeten 75:52-Sieg in Richtung Freistaat nach Hause. Viel Zeit zum Kräfte sammeln bleibt nicht, schon am Dienstag gastieren die Münchner zum Euroleague-Duell beim türkischen Topteam Efes Istanbul, ehe bereits am Donnerstag Titelverteidiger ZSKA Moskau im Audi Dome gastiert. Dort waren die Münchner am Freitag noch gegen Valencia zugange, wo beim 90:79-Triumph Nihad Djedovic kurzfristig wegen Adduktorenproblemen hatte passen müssen. Center Leon Radosevic war nach einer Verletzung im Leistenbereich in den Kader zurückgekehrt, wurde aber von Trinchieri nur sehr sparsam eingesetzt.

Wenig verwunderlich standen beide in Frankfurt in der Startformation, zusammen mit Wade Baldwin, Nick Weiler-Babb und JaJuan Johnson. Eine Mannschaft, die sich auch auf dem Spielbogen in der europäischen Königsklasse gut machen würde, die Frankfurter aber nicht zu beeindrucken vermochte. Gegen die engagierten Skyliners taten sich die Bayern von der ersten Minute an schwer, ihren Rhythmus zu finden. Vor allem Spielgestalter Baldwin, der schon gegen Valencia einen Abend zum Vergessen erleben musste, sucht weiter nach seiner bisher so starken Form. Vier Ballverluste, Fehlpässe und gerade mal zwei Pünktchen bei sieben Versuchen in der ersten Halbzeit sind so gar nicht das, was der elegante Guard zu leisten vermag. Baldwin erlebt gerade exemplarisch im Münchner Team, wie schwer es ist, nach überragenden Erfolgen in der Euroleague sich auf dem Alltagsparkett der Basketball-Bundesliga (BBL) gegen zwar nominell limitierte, aber hoch motivierte Gegner zur Höchstform zu quälen. Denn für Siege im Vorbeigehen sind die Gegner in der BBL längst viel zu gut.

So waren es Akteure wie der Isländer Jon Axel Gudmundsson, aus der amerikanischen College-League gekommen und mit elf Punkten Topscorer der Hessen, oder Bruno Vrcic (9 Punkte), im Münchner Nachwuchsprogramm ausgebildet, die den Bayern erhebliche Probleme bereiteten. Vrcic, der den FCB mangels Perspektive verlassen musste, war es auch, der mit zwei schwierigen Dreiern die 34:28-Halbzeitführung für die Frankfurter sicherstellte und so den Glauben an die erste dicke Überraschung in der BBL am Leben hielt. Dass die vor allem in der Offensive schwach agierenden Gäste nicht weiter in Rückstand gerieten, verdankten sie zum einen einer passablen Abwehrleistung, sowie ihrem starken Reboundspiel. Vor allem unter dem gegnerischen Brett waren die Bayern dominant, erhielten so oft die zweite Wurfchance oder Freiwürfe. Trinchieri war angesichts der vielen Defizite auffallend ruhig neben der Linie, er weiß genau um den mentalen wie körperlichen Kraftakt seiner in drei Wettbewerben engagierten Spieler. Und offenbar wusste er schon, was er diesen in der Kabine zu sagen hatte.

Jedenfalls kamen die Münchner geläutert zurück auf das Parkett, vor allem der erneut überragende Paul Zipser versenkte einen Dreier nach dem anderen und stellte mit 24 Punkten den klaren Bestwert des Abends auf. Weil auch Robin Amaize, mit neun Zählern zweitbester Münchner Punktesammler, viel Energie auf das Spielfeld brachte, hatten die Bayern nach knapp drei Minuten im zweiten Durchgang das Spiel gedreht und zogen erstmals mit 37:36 in Front. Danach genügte den Bayern, die Vladimir Lucic, Jalen Reynolds und T. J. Bray schonten, dank ihres tief besetzten Klassekaders eine solide Leistung, um den Vorsprung sukzessive zu vergrößern. Im letzten Viertel, das mit 21:6 an den FCB ging, fehlten den Frankfurtern die Kräfte - und damit verließ sie auch der Glaube an die große Überraschung.

© SZ vom 16.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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