Corona-Krise:Sind die Schulen bereit für den Distanzunterricht?

Corona-Krise: Zuletzt mehrten sich Stimmen, Klassen wieder zu teilen.

Zuletzt mehrten sich Stimmen, Klassen wieder zu teilen.

(Foto: Stephan Rumpf)

Zumindest die Software-Lizenzen sind in München gesichert, wenn wieder Klassen geteilt werden oder Schulen schließen müssen. Bald sollen auch Lehrer-Laptops kommen.

Von Jakob Wetzel

Wirklich vorbereitet sind längst nicht alle Schulen - doch wenn es nicht mehr anders geht, wenn wegen der Corona-Pandemie wieder Klassen geteilt werden oder Schulen schließen und auf Fernunterricht umschwenken müssen, sind zumindest die Software-Lizenzen in München kein Problem. Seit April können Münchner Schulen auf "Microsoft Teams" zurückgreifen, um Arbeitsblätter zu verteilen und Schulstunden per Videokonferenz zu organisieren. Vielerorts wurde digitaler Unterricht damit erst möglich. Nur wie lange noch?

Spätestens zum Jahresende sei es vorbei, hieß es zuletzt vom Freistaat: Die Lizenzen des Kultusministeriums, die mehr als 700 Schulen in Bayern nutzen, laufen aus, verlängert würden sie nicht. Eine Alternative ist nicht in Sicht. Doch das Bildungsreferat erklärt: In München gehe es weiter mit "Teams". Die Plattform sei angepasst worden, sie könne daher zwar weniger als anderswo, dafür sei der Datenschutz besser. Es gebe "diesbezüglich kein Problem mit der Weiterführung".

Wie gut sind die Schulen gerüstet, wenn es erneut großflächig Distanzunterricht gibt? Diese Frage stellt sich das nächste Mal wohl am Mittwoch. Dann wollen Bund und Länder einmal mehr über die Lage beraten. Zuletzt mehrten sich Stimmen, Klassen wieder zu teilen. Erst am Freitag forderte das in München die Gewerkschaft GEW, um Schüler und Lehrer zu schützen; der Landesverband kündigte eine Klage gegen Stadt und Freistaat an. Doch was dann?

Die Stadt lässt derzeit für etwa 300 Millionen Euro von der Firma "LHM Services", einer Tochter der Stadtwerke, ihre Schulen digital auf Vordermann bringen, unabhängig von der Pandemie. Bis das abgeschlossen ist, wird es Jahre dauern. Um kurzfristig zu helfen, wurden bereits 6000 Tablets an Schülerinnen und Schüler verliehen, die selber keine Geräte haben; derzeit werden 2220 weitere verteilt.

Seit 2019 hat die Firma mehr als 14 000 zusätzliche IT-Geräte bereitgestellt, derzeit baue man verstärkt digitale Tafeln ein, heißt es. Bis zum Sommer sollen zudem bis zu 10 000 Laptops an Lehrer verteilt werden; zuvor muss im Dezember aber noch der Stadtrat beraten. In dessen Sitzung soll es dann auch darum gehen, die Ausstattung aller Schulen mit kabellosem Breitbandinternet zu beschleunigen, unter anderem mit 2000 flexibel einsetzbaren Routern.

Digitale Tafeln, Rechner für Lehrer und Wlan: Genau daran fehlt es an vielen Schulen, zum Beispiel an der Grundschule an der Rotbuchenstraße in Harlaching. Diese soll seit Jahren saniert und dabei unter anderem mit digitalen Tafeln ertüchtigt werden. Doch jetzt liege das erst einmal auf Eis, sagt Rektorin Ulrike Winter. Die Arbeiten wurden zwar nicht abgesagt, würden aber verschoben. Die Stadt müsse sparen, weil ihr die Einnahmen wegbrechen. Und auch wenn sich das Bildungsreferat bemühe, kurzfristige Abhilfe sei nicht in Sicht: "Jetzt stehen wir im Niemandsland."

Die Rotbuchenschule ist doppelt darauf angewiesen, dass die Stadt investiert. Zum einen geht ihr der Platz aus: Mit 699 Schülerinnen und Schülern sei sie schon jetzt die größte Grundschule Münchens, und die Schülerzahlen würden noch steigen, sagt Winter. Zur Entlastung soll auf dem Harlachinger Klinikgelände eine neue Schule gebaut werden; diese sei noch in der Planung und von den aktuellen Einsparungen nicht betroffen, versichert dazu die Stadt.

Zum anderen fehlt der Rotbuchenschule die Technik. Seit 2019 hat sie zwar einen zeitgemäß ausgestatteten Containerbau mit sechs Klassenzimmern. In den anderen zwei Häusern der Schule aber müssen sich 22 Klassenzimmer einzelne Beamer und Dokumentenkameras teilen. Tablets für Schüler hätten sie, die Lehrkräfte aber müssten Privatgeräte verwenden, und zwar mangels Wlan in der Schule von zu Hause aus, sagt Winter. "In der freien Wirtschaft erhält man einen funktionstauglichen Arbeitsplatz. Den haben wir nicht."

Auf die LHM Services lässt die Schulleiterin dabei nichts kommen: Die Firma leiste gute Arbeit. Sie störe mehr, dass ausgerechnet in der Bildung und bei Kindern gespart werde - und was bezahlbar sei und was nicht, entscheide nicht jene Firma, sondern die Stadt. "Dass die Stadt sparen muss, ist nicht vom Tisch zu fegen", sagt Winter. "Aber wo?"

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