Rechte Chatgruppen:Kegeln unterm Hakenkreuz - zehn Polizisten in NRW suspendiert

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Der Skandal um rechte Chatgruppen bei der Polizei in NRW weitet sich aus. Mehrere Wohnungen und Diensträume wurden bei Razzien durchsucht. (Foto: Deutzmann/deutzmann.net/imago)

Bei Razzien werden diverse Wohnungen und auch das Essener Polizeipräsidium durchsucht. Im Fokus steht eine Kegelgruppe, die rechtsextreme Inhalte geteilt haben soll.

Im Skandal um rechtsextreme Chatgruppen bei der nordrhein-westfälischen Polizei sind zehn weitere Beamte suspendiert worden. Das hat Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) mitgeteilt. In einer Kegel-Chatgruppe von Polizisten, der 15 Teilnehmer angehörten, seien rechtsextreme und mutmaßlich strafrechtlich relevante Inhalte gepostet worden. Die Inhalte seien "hochgradig fremdenfeindlich und menschenverachtend", sagte Reul.

Am Dienstagmorgen hatte es in mehreren Ruhrgebietsstädten groß angelegte Durchsuchungen gegeben. Mehr als 160 Polizisten waren daran beteiligt. Sie haben Wohnungen unter anderem in Essen, Mülheim an der Ruhr, Velbert und im Emsland sowie Diensträume des Polizeipräsidiums in Essen durchsucht und umfangreiche Datenträger sichergestellt.

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Der Verdacht richte sich gegen mehrere Polizisten, die von Anfang 2015 bis September dieses Jahres in der Chatgruppe ihres Kegelclubs rechtsextremistische Texte, Fotos und Videos ausgetauscht haben sollen, sagte Reul. Die Chat-Gruppe sei nach der Romanfigur des schwarzen Sklaven "Kunta Kinte" benannt gewesen.

Die Beamten hätten sich etwa beim Kegeln vor einem Hakenkreuz ablichten lassen. Auf weiteren Bildern seien Bierbänke oder Polizeimunition zu Hakenkreuzen zusammengestellt worden. Auf anderen sei aus der Perspektive eines Zielfernrohrs Bezug auf den Terroranschlag auf zwei Moscheen in der neuseeländischen Stadt Christchurch Bezug genommen worden, bei dem 2019 ein Rechtsextremist 51 Menschen getötet hatte. Daneben habe der Satz gestanden: "Zu viele Fehlschüsse."

Bereits im September waren rechte Chatgruppen bei der Polizei in NRW aufgeflogen. Die seitdem laufenden Ermittlungen hätten die weitere WhatsApp-Gruppe zutage gefördert, sagte Reul. Zwei der Teilnehmer seien auch in der bereits bekannten Gruppe "Alphateam" gewesen, in der ähnliches Material kursierte. Dem Innenministerium zufolge wurden sie bereits suspendiert. Am Dienstag kamen nun weitere zehn Suspendierungen hinzu. Insgesamt habe sich die Zahl der Mitarbeiter in NRW-Sicherheitsbehörden, bei denen es entsprechende Hinweise gebe, jetzt auf 191 erhöht, teilte Reul mit.

Bei den Razzien wurden dem Innenminister zufolge 606 Datenträger beschlagnahmt, die nun ausgewertet werden müssten. In der Chatgruppe selbst seien etwa 8000 Nachrichten gepostet worden, die auch noch nicht alle gesichtet und bewertet worden seien. Die Staatsanwaltschaft Duisburg führt die Ermittlungen wegen Volksverhetzung und der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Insgesamt seien in dem Verfahren, das bereits länger läuft, nun 24 Beamte, bestätigt sie. Ihnen wird vorgeworfen, entsprechende Bilder, Videos und Audiodateien gepostet zu haben.

Innenminister Reul kündigte an, weiter hart gegen rechte Umtriebe in der Polizei vorzugehen. Durch sie werde die große Mehrheit der mehr als 56 000 Mitarbeiter der Polizei in NRW in Misskredit gebracht.

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