Corona-Folgen:"Es droht anders als 2008 keine Bankenkrise"

Europas Finanzindustrie muss mit einer Verdoppelung der faulen Kredit rechnen. Experten glauben, die Banken können das schultern - allerdings bekämen Unternehmen weniger Darlehen.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Die europäischen Banken müssen aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Epidemie im kommenden Jahr mit deutlich höheren Kreditausfällen rechnen. "Die Bestände ausfallgefährdeter Kredite werden sich verdoppeln", sagte Christoph Schalast, Professor für Wirtschaftsrecht an der Frankfurt School of Finance am Donnerstag. EU-Banken sitzen aktuell auf etwa 400 Milliarden Euro an faulen Krediten. Dies sei im historischen Vergleich ein sehr niedriger Betrag, so Schalast. Eine Verdoppelung sei also zu meistern, die Banken müssten entsprechend Geld als Verlustpuffer zurücklegen. Problematisch sei der Nebeneffekt. Die Bank würden dann weniger Kredit vergeben, es drohe eine Kreditklemme, unter der Unternehmen stark leiden könnten.

Viele Firmen sind aufgrund der Umsatzeinbrüche durch den teilweisen wirtschaftlichen Lockdown auf Kredit angewiesen. "Es droht anders als 2008 keine Bankenkrise", sagte Martin Faust, Professor für Bankbetriebswirtschaft an der Frankfurt School. "In dieser Krise ist die Realwirtschaft das Problem, deshalb sind alle staatlichen Hilfen für Unternehmen sehr hilfreich."

In einer Rezession können viele Firmen ihre Kredite nicht mehr zurückzahlen. Weil die Banken im vergangenen Jahrzehnt die Kapitalreserven erhöht haben, sind Reserven da, um Ausfälle zu verkraften. Das schließt aber nicht aus, dass einzelne Banken Pleite gehen können. Die EZB rechnet im schlimmsten Fall mit einem Anstieg der faulen Kredite im europäischen Finanzsektor auf 1,4 Billionen Euro - das entspräche mehr als einer Verdreifachung des aktuellen Betrags.

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