Kommunalpolitik:Lobbyarbeit für die nächste Generation

Lesezeit: 2 min

Jugendbeauftragte in den Städten und Gemeinden verleihen ihrer Klientel eine Stimme - auch wenn das in Corona-Zeiten schwierig ist

Von Anna Lea Jakobs, Unterhaching/Neubiberg

"Kinder sollten schon früh mitbestimmen." Wie ein Mantra wiederholt Evi Karbaumer diese Worte. Die Sozialpädagogin ist Jugendbeauftragte der Gemeinde Unterhaching, und aufgrund ihrer langen Erfahrung in der Jugendhilfe ist es der 58-Jährigen ein besonderes Anliegen, Partizipation auch schon in jungen Jahren zu fördern, wie etwa in Kindergärten, in Horten oder Tagesheimen.

Das Ehrenamt der Jugendbeauftragten füllt die Grünen-Gemeinderätin seit sechs Jahren aus. Ihr Gemeinderatskollege Korbinian Rausch von der CSU wurde ihr 2019 zur Seite gestellt. Auch er sorgt sich um die Partizipation der Jugend: "Wir wollen eine schöne Gemeinde haben, eine, die auch nachhaltig als lebenswert empfunden wird. Das geht nur, wenn man die junge Generation, die auch in Zukunft hier leben wird, miteinbezieht", sagt der 28-Jährige. Deshalb möchte Rausch Jugendkulturwerkstätten fördern und Begegnungsräume schaffen.

Und in Neubiberg will der neue Jugendbeauftragte Frederik Börner, ebenfalls 28 und von den Grünen, ein Jugendparlament in seiner Gemeinde gründen. Von der Existenz der Jugendbeauftragten wissen indes noch wenige. Dabei könnte ihre Position durchaus wichtig sein. Sie sollen das Bindeglied zwischen den jungen Menschen am Ort, dem Gemeinderat und der Verwaltung sein. Sie betreiben also Lobbyarbeit für die Jugend.

In Unterhaching setzten sich Karbaumer und Rausch etwa dafür ein, dass genügend elektronische Geräte für Schüler im Distanzunterricht zur Verfügung stehen. In der Gemeinde konnten sich Jugendliche auch schon an einer Graffitiwand künstlerisch ausleben. Auch Spielplätze sollen mehr nach den Wünschen der Jungen gebaut werden. "Warum entscheidet ein 50-Jähriger, wo und wie ein Fünfjähriger spielen soll?", fragt Rausch.

Führt künftig die CSU Unterhaching an: Korbinian Rausch. (Foto: privat)

Zum Networking treffen sich die Jugendbeauftragten etwa dreimal im Jahr mit Beteiligten in der Kinder- und Jugendarbeit. Das jüngste Treffen fand Anfang Dezember statt - natürlich online. Diverse Meinungen über die Interessen und Rolle von Kindern und Jugendlichen in der Kommunalpolitik waren vertreten. In einem Punkt waren sich die Mitglieder einig: Die junge Generation wird in der Lokalpolitik noch zu sehr gebremst.

Dabei bringt das Engagement von jungen Menschen in der Gemeindepolitik viel Vorteilhaftes mit sich. "Die politische Teilnahme der jungen Generation bedeutet Radikalisierungsprävention", sagt Karbaumer. Diese lerne so Kooperationsbereitschaft, ein Kernelement des demokratischen Gedankenguts. Der kommunale Jugendpfleger des Landkreises, Hugo Fischer, drückt es so aus: "Demokratie entsteht durch Praxis."

In Unterhaching greift man, um die Jugend einzubinden, zu digitalen Mitteln. Korbinian Rausch erzählt von der Jugendbefragung, die die Interessen der jungen Generation herausfiltern sollte. Auch Sprechstunden mit jungen Menschen hätten großes Potenzial, so die Gemeindejugendbeauftragte Evi Karbaumer. In Corona-Zeiten sei das allerdings leider schwer realisierbar.

Die Folgen der Pandemie treffen auch die junge Generation hart. "Das größte Bedürfnis ist, sich wieder physisch zu treffen: rauszugehen, Fußball zu spielen, in die Jugendkulturwerkstatt zu gehen und im Bandraum zu jammen", schätzt der Jugendbeauftragte Rausch die Bedürfnisse der Jugendlichen in der Corona-Pandemie ein. Angebote der Kinder- und Jugendarbeit sind größtenteils gestrichen worden. "Zu Beginn der Pandemie hat man die Kinder verräumt und hat nicht gesehen, dass sie für ihre Entwicklung andere Kinder und professionelle Begleitung brauchen", findet Evi Karbaumer.

Gerade Kinder aus schwierigen sozialen Verhältnissen würden durch fehlende Angebote abgehängt. Wie bedeutsam diese sind, betont Frederik Börner: "Jugendzentren sind wichtige Rückzugsorte, die nicht ersetzbare Angebote in der Konfliktprävention darstellen. Jugendarbeit ist wichtig für die Entwicklungen vieler Kinder und Jugendliche und daher haben außerschulische Angebote insbesondere in der Covid-19-Pandemie eine große Bedeutung", so der Neubiberger. "Junge Menschen werden sehr schnell mit negativen Aspekten in der Gemeinde assoziiert und müssen oft als Sündenbock herhalten."

Natürlich gebe es wenige, die Corona-Partys veranstalteten. Doch der Großteil halte sich an die Regeln. "Wir sollten dies anerkennen und mehr Angebote im digitalen Bereich zur Verfügung stellen", so Börner. Auch eine mögliche Öffnung der Jugendzentren sollte daher bedacht werden, wenn die Infektionszahlen es zulassen.

© SZ vom 17.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: