Homeschooling:Bitte warten

Bamberg, Deutschland 13. Dezember 2020: Ein Schulkind sitzt an einem Tisch in einer Wohnung und arbeitet mit einem Lapt

Stift und Heft gut, Software mangelhaft: Beim Homeschooling hatten diese Woche wieder viele Lehrer Probleme, ihre Schüler zu erreichen - oder umgekehrt. Denn die Lernplattformen waren überlastet.

(Foto: K. Schmitt/imago images/Fotostand)

Deutschlandweit mussten Schulen in dieser Woche wieder in den digitalen Unterricht wechseln. Doch die Lernplattformen der Länder spielten nicht mit.

Von Bernd Kramer, Hamburg

Martin Sina leitet ein Gymnasium in Pulheim, vor den Toren Kölns, und wähnte sich eigentlich bestens gerüstet für den Lockdown. Noch in Vor-Corona-Zeiten hatte seine Schule Tablets für alle Lehrerinnen und Lehrer angeschafft. Digitaler Unterricht aus der Ferne - für die meisten Kollegen am Abtei-Gymnasium Brauweiler kein Problem. Sie waren startklar, als am Montag dieser Woche erstmals seit März im großen Stil wieder die Schulen schließen mussten.

Doch dann das: Logineo, die Lernplattform des Landes Nordrhein-Westfalen, brach überlastet zusammen. Die mehr als 1000 Schülerinnen und Schüler waren für die Lehrkräfte des Gymnasiums nicht zu erreichen - zumindest nicht auf dem offiziellen Weg. "Wir konnten kein Material verschicken, die Schüler konnten keine Arbeitsblätter hochladen", sagt Sina. "Das System war komplett tot." Einen Verteiler mit den E-Mail-Adressen der Schülerinnen und Schüler hatte Sina nicht eingerichtet, da er sich auf Logineo verlassen hatte.

"Ich habe meinen Lehrern gesagt: Guckt, dass ihr die Schüler erreicht, egal wie." Wenn die datenschutzkonforme Variante des Landes streikt, dann eben über die kommerziellen Wege, ob es für die nun die förmliche Erlaubnis der Politik gibt oder nicht - Sina ist da maximal pragmatisch.

Besonders hartnäckig waren die Störungen in Sachsen

Nicht nur in Nordrhein-Westfalen verlief der Übergang in den Distanzunterricht holprig. Die bayerische Plattform Mebis brach wegen der hohen Nutzerzahlen immer wieder zusammen, das Bremer Pendant Itslearning funktionierte immerhin bis Mittwoch, war dann aber eine Stunde lang für mehrere Schulen tot. In das Berliner System hatten sich von den 108 000 Nutzerinnen und Nutzern am Mittwoch lediglich 8000 eingeloggt. Hessen rühmt sich immerhin dafür, dass die dortige Lernplattform lediglich langsam lief, ohne ganz zu kollabieren - angesichts von Zugriffszahlen, die fünfmal so hoch waren wie beim ersten Lockdown im Frühjahr.

Besonders drastisch waren die Ausfälle in Sachsen: Die Lernplattform Lernsax hatte gleich mehrere Tage lang Störungen. Erst hatte man einen Hackerangriff im Verdacht, dem Lernsax Anfang Dezember ausgesetzt war. Schließlich stellte sich heraus, dass der Fehler wohl auch im zuständigen Rechenzentrum in Karlsruhe selbst zu suchen ist.

Dass der Lockdown wie erhofft bereits am 10. Januar beendet werden kann, gilt zunehmend als unwahrscheinlich. Und viele Länder geloben nun, die bevorstehenden Weihnachtsferien zu nutzen, um den Digitalunterricht zu verbessern - was genau geschehen soll, bleibt mitunter aber unklar. Sachsen-Anhalt will sein System in den schulfreien Tagen auf leistungsfähigere Server verschieben, außerdem sollen die Lerngruppen sich künftig besser über den Tag verteilen, sodass sich nicht alle Schülerinnen und Schüler gleichzeitig in die Plattform einwählen.

In Bayern plant man "Lasttests" mit Mebis und hofft auf Wechselunterricht im neuen Jahr

Bayerns Kultusminister Michael Piazolo von den Freien Wählern hofft darauf, dass sich das Problem möglichst bald von selbst löst. "Ich gehe davon aus, dass wir nach Weihnachten Wechselunterricht haben werden", sagt er. Das heißt: Ein Teil der Schülerinnen und Schüler würde wieder in den Klassen sitzen und müsste nicht auf Mebis zugreifen. In den Ferien sollen "Lasttests" mit der Lernplattform durchgeführt werden, am Wochenende will das Ministerium die Systeme zusammen mit einem externen IT-Dienstleister gründlich durchleuchten.

Am Abtei-Gymnasium Brauweiler in Pulheim immerhin war die Panne mit Logineo schnell behoben, erzählt Schulleiter Martin Sina. In der Nacht zum Dienstag wurden die Serverkapazitäten für die Schule aufgestockt, am Mittwoch lief das System bereits weitgehend stabil. "Es wäre eine Katastrophe gewesen, wenn es die ganze Woche so gegangen wäre", sagt Sina. "Das Land hat sich verhalten, wie ich es von meinen Schülern kenne: Es hat die Hausaufgaben spät gemacht, aber es hat sie gemacht."

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