Brauereigasthöfe in Not:Wenn "die Seele Bayerns" bedroht ist

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Holetschek fordert, das Jugendschutzgesetz und das Gewerberecht konsequent zu vollziehen. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Die Corona-Pandemie entwickelt sich zur Gefahr für Bayerns Brauereigasthöfe. Sogar die SPD fordert jetzt schnelle Hilfe für sie.

Glosse von Johann Osel

Die reine Fahrtzeit mit dem Radl beträgt ein paar Stunden - doch wer den "Fränkischen 13-Brauereien-Weg" im Bamberger Landkreis ernst nimmt und überall oder zumindest an einigen Stationen einkehrt, der braucht natürlich länger. Und sollte nicht mehr aufs Fahrrad steigen angesichts theoretisch möglicher 13 Seidla Bier. Auch ein Magen hat trotz Kalorienverbrauch beim Strampeln begrenzt Platz, daher sollte penibel geplant sein, was man wo isst. Schnitzel bei der Brauerei Wagner in Merkendorf, Schäuferla beim Knoblach in Schammelsdorf, ein Grupfter dazu (fränkischer Obazda) auf dem Roßdorfer Felsenkeller? Das wäre wohl schon zu viel. Und eben auch beim Bier wartet ein üppiges Angebot, nicht ohne Grund wirbt die Region mit der weltweit größten Brauereidichte. Jedem Dorf quasi seine Wirtshausbrauerei.

Das Bierland Bayern ist ja ohnehin führend: Der Freistaat hat nicht nur deutschlandweit den höchsten Bierabsatz, sondern auch die meisten Brauereien: etwa 650 Betriebe. Darauf ein Prost! Noch. Die Pandemie beutelt Bayerns Brauer. Gerade für kleinere Betriebe, die nicht in Supermärkten gelistet sind und deren Fokus auf Gastronomie und den Festen der Saison liegt, wird es mitunter existenzgefährdend. Übel kommt es für Brauereigasthöfe, wo das Wirtshaus direkt an der Halle mit dem Sudkessel steht; wie in Franken so oft. Weil sie als Mischbetriebe nicht nur Gastronomieumsätze machen, fallen sie bei der Entschädigung (November- und Dezemberhilfe) durchs Raster.

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Das moniert nun ein Antrag der SPD im Landtag, "die Seele Bayerns" sei bedroht. Staatsregierung und CSU hätten Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) "bisher nicht zur Vernunft bringen" können, notfalls müsse Bayern ein eigenes Rettungsprojekt starten, so der Fraktionsvize Klaus Adelt. In der CSU heißt es dagegen, man freue sich über Unterstützung der SPD, wie es der Forchheimer Abgeordnete Michael Hofmann formuliert, der Landtag habe aber bereits einen Antrag zu den Mischbetrieben beschlossen. Er stehe in Kontakt mit Altmaier und der CSU im Bundestag. Positive Rückmeldungen für eine "tragfähige Lösung des vielschichtigen Problems", bei der dann nicht wieder einige leer ausgehen, gebe es durchaus. Na dann - darauf vielleicht im Januar verspätet ein Prost!

© SZ vom 28.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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