Frauen in der Kirche:"Ich bin überzeugt, dass Jesus auch Jüngerinnen hatte"

Frauen in der Kirche: Jesus ist nicht, wie von den Propheten angekündigt, als König geboren worden, sondern arm und einsam in einem Stall. Diese Geschichte stellte Pfarrerin Sophie Schuster unter dem Motto "Alles ist anders" in den Mittelpunkt ihrer Weihnachtspredigt.

Jesus ist nicht, wie von den Propheten angekündigt, als König geboren worden, sondern arm und einsam in einem Stall. Diese Geschichte stellte Pfarrerin Sophie Schuster unter dem Motto "Alles ist anders" in den Mittelpunkt ihrer Weihnachtspredigt.

(Foto: Marco Einfeldt)

Sophie Schuster ist Pfarrerin in der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde in Au. Sowohl in der Glaubensgemeinschaft als auch im Alltag spürt sie, dass Frauen anders wahrgenommen werden als Männer

Interview von Katharina Aurich, Au

Pfarrerin Sophie Schuster ist in Bad Abbach aufgewachsen, ging nach ihrem Abitur ein Jahr für einen Freiwilligendienst in die Niederlande, bevor sie sich entschloss, in Berlin und in Neuendettelsau bei Nürnberg Evangelische Theologie zu studieren. Zwei Semester verbrachte sie außerdem in Südafrika, bevor sie wieder nach Bayern zurückkehrte und hier ihren Abschluss und ihr Vikariat in München absolvierte. Diese vielfältigen Erfahrungen bringt sie nun in ihre Arbeit ein.

SZ: Warum sind Sie evangelische Pfarrerin geworden?

Schuster: Schon als Jugendliche habe ich mich in meinem Heimatort Bad Abbach in der Jugendarbeit und auf Dekanatsebene der evangelischen Kirche engagiert. Es gab vielfältige Angebote und man konnte sich dort einbringen. Nach meinem Abitur wusste ich nicht, wo es für mich beruflich hingehen soll. Deshalb arbeitete ich im Freiwilligendienst in den Niederlanden. Wichtig war mir, einen vielseitigen Beruf zu ergreifen, das bietet die Theologie. Deshalb entschied ich mich, dieses Fach zu studieren, war mir aber zunächst nicht sicher, ob ich Pfarrerin werden wollte.

Wie verlief dann Ihr weiterer Weg, der Sie schließlich nach Au führte?

Als ich das Studium beendete, stand mein Entschluss, Pfarrerin zu werden, fest. Das Studium war schön, aber auch anspruchsvoll, so lernte ich unter anderem Althebräisch und Altgriechisch, um Originaltexte lesen zu können. Nach dem Ende des Vikariats kann man Wünsche äußern, wo man arbeiten möchte - und evangelische Geistliche sind gesucht. Wir brauchen Nachwuchs, denn es gehen viele Pfarrer und Pfarrerinnen, die zu den geburtenstarken Jahrgängen gehören, jetzt in den Ruhestand. Ich wollte gerne wieder in die Nähe meiner Heimat und da die Stelle in Au frei war, ist es dann diese Gemeinde geworden.

Wie hat sich Ihre Gemeinde seitdem entwickelt?

Die Anzahl der Mitglieder in "meiner" Kirchengemeinde bleibt fast gleich, mit leicht sinkender Tendenz. Es sind recht junge, überwiegend zugezogene Mitglieder. Immer, wenn in einem Ort ein Neubaugebiet entsteht, wie jetzt gerade in Nandlstadt, dann kommen vielleicht auch einige Neubürger in der evangelischen Kirchengemeinde dazu.

Welche Schwerpunkte setzen Sie in Ihrer Arbeit?

Mir sind besonders Familien und Kinder wichtig. In diesem Jahr war aber alles anders, mir fehlt der persönliche Kontakt. Gemeinsam mit meinen katholischen Kollegen und Ehrenamtlichen haben wir versucht, das Beste daraus zu machen und beispielsweise im Advent Bastelaktionen "to go" organisiert, so dass sich Kinder beider Konfessionen Tüten mit Bastelideen für zu Hause abholen konnten. Vor Corona habe ich auch eine Kooperation mit der Jugendpflegerin begonnen, organisierte gemeinsame Freizeitprogramme, in dem Kinder Positives in der Gemeinschaft und nebenbei die Kirche von Innen erlebten. Meine Tätigkeit als Religionslehrerin in der Grundschule in Au ist auch eine gute Werbung für die Gemeindearbeit.

Schaffen Sie es, eine Gemeinschaft mit Jugendlichen aus fünf verschiedenen Gemeinden aufzubauen?

Das ist schwierig, denn die Jugendlichen treffen sich ja nur zum Konfirmationsunterricht. Im Schulalltag oder ihrer Freizeit begegnen sie sich kaum, da die Gemeinden weit auseinander liegen. Man braucht einen langen Atem, um in diesem großen Gebiet was aufzubauen. Die Bezugspunkte der Menschen sind sehr unterschiedlich und liegen nicht unbedingt in Au.

Das war natürlich in diesem Jahr besonders schwierig ...

In diesem Jahr sind viele Begegnungen weggefallen. Aber man kann mich jederzeit anrufen, wenn man mit mir sprechen möchte. Es wäre schön, wenn die Kirchenmitglieder sich mehr trauten, mich Dinge zu fragen oder mir erzählten, was sie beschäftigt. Wir Pfarrer und Pfarrerinnen sind ja keine Außerirdischen. Mir ist wichtig zu erfahren, worüber sich Menschen in meiner Gemeinde Gedanken machen.

Woher nehmen Sie Ihre Themen für Ihre Predigten und haben Sie Lampenfieber?

Grundsätzlich gibt es für jeden Sonntag oder Feiertag festgelegte Bibeltexte, die man verwendet. Ich predige ja nicht im luftleeren Raum, sondern beziehe mich auf diese Bibelstellen oder auf die biblische Botschaft. Manchmal lese ich nach, was mit den Aussagen genau gemeint ist und ich überlege, was mich daran interessiert. Wichtig ist mir zu verdeutlichen, wo Gott etwas mit unserem Alltag zu tun hat. Meine Predigten sind unterschiedlich gut, je nachdem, wie viel Zeit ich für die Vorbereitung habe. Ein bisschen aufgeregt bin ich bei Konfirmations- oder Weihnachtsgottesdiensten, da kommen Menschen, die nur einmal im Jahr die Kirche betreten. Da soll es besonders gut sein, was ich predige.

Was sagten Sie in Ihrer Weihnachtspredigt in diesem besonderen Jahr?

Mein Weihnachtsthema war: Alles ist anders. Jesus, der Heiland, wird nicht wie von den Propheten angekündigt als König geboren, sondern anders als erwartet: in einem Stall, arm, einsam. Dieses Ereignis verändert das Leben der Hirten, die zum Stall kamen, die in der damaligen Gesellschaft am Rand standen und eine große Sehnsucht spürten, dass sich was ändert. Hoffentlich macht die Weihnachtsfreude auch diejenigen Menschen etwas froh, denen es in diesen Tagen, nicht gut geht.

Abschließend ein spannendes Thema: Wie empfinden Sie die Gleichberechtigung von Männern und Frauen in der evangelischen Kirche?

In der evangelischen Kirche ist das genauso ein Thema wie in unserer gesamten Gesellschaft. Wir Frauen sind zwar theoretisch gleichgestellt, aber Dekaninnen und Regionalbischöfinnen gibt es nicht viele. In meiner Studienzeit waren wir jeweils zur Hälfte Frauen und Männer. Es wird wohl noch ein bisschen dauern, bis sich dieses Verhältnis auch auf den oberen Ebenen durchsetzt. Ich bin überzeugt, dass Jesus nicht nur Jünger, sondern auch Jüngerinnen hatte. Aber ich spüre immer wieder, - im Alltag und in der evangelischen Kirche - dass man als Frau anders wahrgenommen wird als ein Mann.

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