Borussia Dortmund:Kleiner Schritt auf dem Weg zur alten Magie

Borussia Dortmund: Seit Ende Mai hatte Jadon Sancho auf einen Treffer für den BVB gewartet - gegen Wolfsburg gelang ihm am Sonntag das 2:0.

Seit Ende Mai hatte Jadon Sancho auf einen Treffer für den BVB gewartet - gegen Wolfsburg gelang ihm am Sonntag das 2:0.

(Foto: LEON KUEGELER/AFP)

Lag es an den Transfer-Gerüchten? Oder an den Schwächen der Mannschaft? Dortmunds Jadon Sancho war lange in der Formkrise - sein erstes Saisontor gegen Wolfsburg könnte befreiend wirken.

Von Freddie Röckenhaus, Dortmund

An mangelnder Beliebtheit unter seinen Kollegen scheint Jadon Sancho bei Borussia Dortmund nicht zu leiden. Bis zum letzten Abwehrspieler rannten alle auf ihn zu, vor den Zaun zur verwaisten Südtribüne, wo Sancho am 14. Spieltag sein erstes Tor der Saison zelebrierte. Sie drückten ihn, sie feierten ihn. In der stummen Kälte des menschenleeren Stadions bekam man ein Gefühl dafür, wie groß bei Sancho die Erleichterung gewesen sein muss.

Sein Tor zum 2:0-Endstand in der Nachspielzeit gegen den VfL Wolfsburg schoss er nach einem Sololauf ab der Mittellinie. Eigentlich nichts gar so Besonderes, aber für einen Stürmer, der sich selbst an seinen Toren misst, war es wie eine kleine persönliche Mondlandung. Vergangene Saison, am 31. Mai, waren Sancho seine bislang letzten Treffer gelungen, gleich drei am Stück, zum 6:1-Sieg beim Absteiger SC Paderborn. Dann folgte ein Sommer voller Transfergezerre und Gerüchten. Gekoppelt mit der überraschenden Erkenntnis, dass der Engländer heimlich seinen Vertrag mit Dortmund bereits 2019 verlängert hatte, was bedeutete: Sancho bleibt. Es folgte sein persönlicher Holperstart in die neue Spielzeit, eine Torflaute wie gemalt fürs Lehrbuch der Sportpsychologie: Mit jedem Spieltag ohne Erfolgserlebnis wurde es schlimmer!

Nicht, dass Sancho gegen starke Wolfsburger nun aufgespielt hätte wie Phoenix aus der Asche, aber vor seinem Tor hatte er zumindest Mal einen Hilfspunkt verdient, als Manuel Akanji (der viel eher als Held des BVB-Spiels gelten konnte) Sanchos Eckstoß fulminant ins Tor köpfelte (66.). Aber selbst nach dieser Szene sah man den 20-jährigen Sancho mit sich hadern, seine Körpersprache schien nach jeder misslungenen Aktion zu signalisieren: Was zum Teufel läuft hier eigentlich schief bei mir?

Die Erklärungsmuster sind bekannt, aber Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke fügte nun im Interview mit dem Kicker in erstaunlicher Offenheit hinzu: "Jadon hatte sich unterbewusst womöglich schon auf einen Wechsel eingestellt. Ich glaube, darüber hatte er sich viele Gedanken gemacht." Parallel zu jenen Gedanken über einen möglichen Wechsel im Sommer 2020 zu Manchester United hatte Sancho in der letzten Saison in Dortmund mit 17 Toren und 17 Torvorbereitungen brilliert. Doch im Corona-Sommer zögerte Manchester, die angeblich hartnäckig vom BVB geforderten 120 Millionen Euro an Ablöse zu zahlen. Zum Teil, so Watzke, habe United die Transfersumme "über Jahre" abstottern wollen. Das habe einen Sancho-Wechsel erst recht vereitelt.

Lizenzspielerchef Sebastian Kehl meinte jüngst: "Das ist ihm alles nicht egal, wir haben das Gefühl, dass das alles Jadon zu schaffen macht." Der neue Trainer Edin Terzic will Sanchos lange Formkrise eher in den Zusammenhang der allgemeinen Schwächen der Mannschaft und ihrer Taktik stellen. Es fehlten Tiefe im Spiel, Bewegung, Tempo. Gerade für einen Tempodribbler wie Sancho sei es wichtig, nicht nur aus dem Stand in den Lauf mit dem Ball zu kommen, sondern direkt mit der Ballannahme loszulegen. Eigentlich ein Markenzeichen von Sancho. "Was Jadon fehlt", meint Terzic, "sind die Leichtigkeit und Magie, die wir gewöhnt waren." Aber das werde man wieder hinkriegen.

Das Tor gegen Wolfsburg, es könnte der erste Schritt gewesen sein. In seiner aktuellen Form jedenfalls hat die Premier League nicht auf ihn gewartet. Aus Manchester heißt es, Sancho stehe inzwischen nicht mehr oben in der Prioritätenliste. Dabei könnten sich die Klubs sicher annähern. Der BVB dürfte im kommenden Sommer, angesichts von erwarteten Corona-Verlusten von bis zu 80 Millionen Euro, nicht grundsätzlich abgeneigt sein, mit Transfers die Bilanz auszugleichen.

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