Basketball:Schwierige Zeiten

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Vom Glück verlassen: FC-Bayern-Spielmacher Wade Baldwin (links) gab bei den Partien in Piräus und gegen Chemnitz jeweils eine unglückliche Figur ab. (Foto: Lackovic/imago)

Der Überraschungseffekt ist weg, die Verletzungsprobleme sind da: Auf die FC-Bayern-Profis kommen in dieser Woche zwei europäische Spitzenteams zu.

Von Joachim Mölter, Piräus/München

Sie haben es nicht nur geahnt, sie haben es gewusst: "Es wird schwieriger", hatte Nihad Djedovic gesagt, der Kapitän der FC-Bayern-Basketballer, ehe er in der vorigen Woche mit seinen Kollegen in die Rückrunde der Euroleague startete. Djedovic hatte auch erklärt, warum es schwieriger wird: "Man kann niemanden mehr überraschen. In den ersten Spielen hat man es wohl nicht erwartet, dass wir so guten Basketball spielen und auch auswärts gewinnen können."

So war es wohl: Bei einer Halbzeit-Umfrage unter den Managern der 18 Klubs haben jedenfalls 13 den FC Bayern genannt auf die Frage, welches Team die größte Überraschung der Saison sei. Die Münchner waren ja vom vorletzten Platz in der wegen der Corona-Pandemie abgebrochenen Vorsaison auf Rang vier durchgestartet, mit einer Bilanz von 11:6 Siegen nach der Hinrunde; die hatten sie Ende Dezember mit einem imposanten 90:77 über den FC Barcelona beendet.

Dass es von nun an schwieriger wird, bekamen die Münchner am Wochenende gleich zweimal zu spüren: am Freitagabend beim 82:84 (46:44) bei Olympiakos Piräus, zum Rückrundenauftakt der Euroleague, und dann am Sonntagnachmittag beim 77:76 (39:33) in heimischer Halle gegen die Chemnitz 99ers, den Aufsteiger in die Basketball-Bundesliga (BBL). Diese Partie hatten die Münchner erst 2,8 Sekunden vor Schluss gedreht, durch zwei Freiwürfe von Paul Zipser, den mit 13 Zählern zweitbesten Bayern-Werfer hinter Nick Weiler-Babb (19). "Für uns ist nur wichtig, so ein Spiel zu gewinnen", beschwichtigte Vladimir Lucic.

Nach einem Monat Pause meldet sich Lucic wieder zurück

Nach der BBL-Niederlage gegen Meister Alba Berlin (72:85) vor einer Woche hatte Kapitän Djedovic eingeräumt, dass es nicht immer leicht falle, den Fokus innerhalb von ein, zwei Tagen vom internationalen auf den nationalen Wettbewerb zu lenken. Erschwerend kommt hinzu, dass die lange von Verletzungs- und Corona-Problemen verschonten Münchner der Dauerbelastung nun anscheinend Tribut zollen.

Djedovic stand in Piräus bereits auf dem Spielberichtsbogen, schaute dann aber wegen muskulärer Probleme bloß zu, ebenso wie am Sonntag. Die angeschlagenen Zan Mark Sisko (Adduktoren) und Robin Amaize (Wade) fehlten ebenfalls beide Male, immerhin meldete sich der zu Saisonbeginn überragende Lucic nach einem Monat Pause wegen Rückenbeschwerden am Sonntag zurück, gerade rechtzeitig. Dem FC Bayern stehen zwei schwere Euroleague-Heimspiele bevor, gegen Zenit St. Petersburg am Mittwoch und Real Madrid am Freitag - zwei Klubs, die in der Tabelle vor ihm stehen mit 11:5 bzw. 12:6 Siegen und denen er in der Hinrunde unterlegen war.

Die auf Platz sechs zurückgefallenen Münchner stecken mitten im Gedränge um die acht Playoff-Plätze, mindestens bis zu Rang elf reicht die Kandidatenliste: Dort befindet sich Anadolu Efes Istanbul (9:9), im Vorjahr noch mit Abstand bestes Team des Kontinents. Im abzusehenden Rangeln, Hauen und Stechen zählt voraussichtlich jeder Hilfs- und Unterpunkt, da kommt es den Münchnern recht, dass sie zwar das Spiel in Piräus verloren haben, aber nicht den direkten Vergleich mit den neuntplatzierten Griechen (9:8). Den haben sie nach dem 74:68 vom Hinspiel gesichert, und zu verdanken hatten sie das D.J. Seeley. Der nachverpflichtete Amerikaner hatte am Freitag 26 Punkte erzielt, darunter waren sieben verwandelte Dreier bei acht Versuchen.

Die Euroleague räumt den Fehler ihrer Schiedsrichter ein

Die Münchner hätten freilich auch diese Partie im letzten Moment gewinnen können, Paul Zipser hatte da die Chance zu einem Drei-Punkte-Wurf, den sein Gegenspieler jedoch verhinderte. "Ich weiß nicht, ob es nicht ein Foul war", sagte Seeley. Das war es, bestätigte am Samstag die Euroleague nach einer Untersuchung der Szene. In einer Stellungnahme räumte sie den Fehler der Referees ein: "Es hätte als Foul gepfiffen und mit drei Freiwürfen für Paul Zipser geahndet werden sollen."

Die Münchner wollten sich dazu nicht äußern, aber intern haderten sie auch mit der Behandlung ihres Spielmachers Wade Baldwin. Der hatte gleich zu Beginn der Partie wohl etwas zu forsch einen Freiwurf verlangt und fortan von den Schiedsrichtern keinen Foulpfiff zu seinen Gunsten mehr erhalten.

An seiner früheren Wirkungsstätte machte Baldwin generell eine unglückliche Figur. Er verlor häufiger den Ball (siebenmal) als er ihn zu einem Korberfolg an einen Mitspieler weiterleitete (fünfmal), und einige dieser Ballverluste waren haarsträubend: Zweimal spielte er beim Einwurf in der gegnerischen Hälfte den Ball direkt in die Hände der Piräus-Profis. Und 65 Sekunden vor dem Ende, beim Stand von 79:82 und erneut nach einem Einwurf, ließ er den Ball einfach ins Aus hüpfen. Für die Schlussphase nahm Trainer Andrea Trinchieri den Amerikaner vorsichtshalber vom Feld.

Der 24-Jährige scheint im Moment vom Glück verlassen zu sein: Dem bis dato zweitbesten Werfer des Teams gelang gegen Chemnitz gar kein Korberfolg, dafür zog er sich eine Fingerverletzung zu. Das macht es den FC-Bayern-Basketballern auch nicht leichter in den kommenden Wochen.

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