Als erster US-Präsident in der Geschichte des Landes muss sich Donald Trump zum zweiten Mal in seiner Amtszeit einem Impeachment stellen. Das Abgeordnetenhaus billigte am Mittwoch mit 232 zu 197 Stimmen eine Anklageresolution, in der Trump wegen des von ihm angezettelten Sturms auf das Kapitol der "Anstifung zum Aufstand" beschuldigt wird.
Der Präsident solle deswegen des Amtes enthoben, eine weitere Kandidatur für ein öffentliches Amt solle ihm verboten werden, forderte das Abgeordnetenhaus. Neben sämtlichen Demokraten votierten auch zehn Republikaner für das Impeachment.
USA:Festung US-Kapitol
15 000 Nationalgardisten wurden nach Washington, D.C. beordert, um das Kapitol zu schützen. Sie warten in den Hallen und Gängen des Gebäudes auf ihren Einsatz. Es sind Bilder wie aus einer Kampfzone.
Pelosi: Trump hat "inländische Terroristen" angestachelt
Bei der Sitzung im Repräsentantenhaus bezeichnete die Vorsitzende Nancy Pelosi Trump als eine "Gefahr für das Land". Der Republikaner habe "inländische Terroristen" angestachelt, um sich gegen seine Wahlniederlage zu wehren, sagte sie. "Sie sind nicht aus einem Vakuum gekommen." Trump habe sich der "Anstiftung zum Aufruhr" schuldig gemacht.
Der Grund für die Anklage ist eine Rede Trumps in Washington am vergangenen Mittwoch, in der er Tausende Anhänger aufgefordert hatte, zum Parlament zu marschieren. Im Kapitol fand zu diesem Zeitpunkt eine gemeinsame Sitzung von Abgeordnetenhaus und Senat statt, um das Ergebnis der Präsidentschaftswahl und damit den Wahlsieg des Demokraten Joe Biden abzusegnen. Diese offizielle Bestätigung wollte Trump unbedingt verhindern.
Führende Republikaner gehen auf Distanz zu Trump
Nach der Rede zogen Hunderte Trump-Anhänger zum Kongress. Sie lieferten sich Schlägereien mit der Polizei, brachen in das Gebäude ein und zwangen die Parlamentarier, die Sitzung zu unterbrechen und sich in Sicherheit zu bringen. Insgesamt kamen bei den Auseinandersetzungen fünf Menschen ums Leben.
Impeachment:Warum Trump auch ohne Amt aus dem Amt gehoben werden kann
Wieso die Chancen dafür aber jetzt gegen Null stehen und wie es in dem Verfahren weitergeht: Antworten auf die wichtigsten Fragen zum anstehenden Impeachment-Prozess gegen den ehemaligen US-Präsidenten.
Schon vor der Abstimmung über das Impeachment hatten sich führende Republikaner von Trump distanziert. Der Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, ließ am Dienstag an die Medien durchsickern, dass er kein Problem mit dem Amtsenthebungsverfahren habe. Die Wahrscheinlichkeit, dass der mächtige Senator selbst gegen Trump stimmen werde, liege höher als 50 Prozent, hieß es. In Washington wurde das als Signal an die republikanischen Senatoren gewertet, dass es ihnen freistehe, sich von Trump abzusetzen.
Zu den Dissidenten zählt Liz Cheney
Auch im Repräsentantenhaus gab es Dissidenten. So attackierte die republikanische Abgeordnete Liz Cheney den Präsidenten in einer Erklärung scharf. Trump habe den Mob, der das Kapitol gestürmt hatte, angefeuert, schrieb die älteste Tochter des früheren Vizepräsidenten Dick Cheney, die den Bundesstaat Wyoming im Abgeordnetenhaus vertritt.
Der Präsident habe dadurch sein Amt und seinen Eid auf die Verfassung verraten. "Ich werde dafür stimmen, den Präsidenten des Amtes zu entheben", kündigte sie an. Cheney ist in der Führungshierarchie der republikanischen Fraktion im Abgeordnetenhaus die Nummer drei.
Dieses Mal gibt es mehr Abweichler als beim ersten Mal
Dass das Abgeordnetenhaus die Impeachment-Anklage gegen Trump billigen würde, galt als sicher. Dazu reichte eine einfache Mehrheit, über die die Demokraten in der Kammer verfügen. Zudem hatten neben Cheney noch mehrere andere Republikaner angekündigt, für Trumps Amtsenthebung stimmen zu wollen.
Am Ende votierten zehn Republikaner gegen Trump. Das waren mehr Abweichler als beim ersten Impeachment vor einem Jahr. Damals hatte nur ein einziger Republikaner mit den Demokraten gestimmt, der zudem vorher aus der Partei ausgetreten war. Angesichts der Tatsache, dass die republikanische Fraktion im Repräsentantenhaus 211 Angehörige hat, war die Gruppe der Trump-Gegner allerdings überschaubar. Das zeigt, wie groß der Einfluss des Präsidenten auf die Partei nach wie vor ist.
Unklar ist, wann und wie es nun weitergeht
Unklar ist nun, wann und wie das Impeachment weitergehen wird. Das Abgeordnetenhaus entscheidet lediglich über die Anklageerhebung. Das Urteil fällt der Senat, dort müssten zwei Drittel der 100 Mitglieder dafür stimmen, Trump des Amtes zu entheben. Die Demokraten halten allerdings nur 50 Sitze, sie bräuchten die Unterstützung von mindestens 17 Republikanern.
Derzeit ist es unwahrscheinlich, dass so viele Republikaner Trump fallen lassen. Es ist aber nach McConnells plötzlicher Wende auch nicht ausgeschlossen, vor allem nicht, wenn der Mehrheitsführer selbst gegen Trump stimmt. Offen ist jedoch, ob sich der Senat überhaupt mit der Anklage beschäftigen wird. Die Kammer ist bis zum 19. Januar in einer Sitzungspause, Trumps reguläre Amtszeit endet am 20. Januar