Verbrauchertäuschung:Allgäuer Käsehersteller ändert umstrittene Werbung

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Der Hersteller Hochland bewirbt seinen Käse mit "Freilaufkühen". Doch im Gegensatz zu dieser Kuh (Symbolbild) stehen die Tiere bei Hochland nicht auf der Weide, sondern im Stall. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Die Firma Hochland wird darauf verzichten, ihren "Grünländer Käse" mit "Freilaufkühen" und "Grüner Seele" zu bewerben. Grund dafür ist eine Abmahnung einer streitbaren Organisation.

Von Christian Sebald, München

Eine große Genugtuung für die Verbraucherorganisation Foodwatch: Der Allgäuer Käsehersteller Hochland wird darauf verzichten, seinen "Grünländer Käse" mit "Freilaufkühen" und "Grüner Seele" zu bewerben. Foodwatch wirft Hochland vor, mit diesen Begriffen die Verbraucher in die Irre zu führen und zu täuschen. "Freilaufkühe ist ein reiner Fantasiebegriff", sagt Foodwatch-Sprecher Manuel Wiemann. "Hochland gaukelt den Kunden ein Weideidyll vor. Dabei stehen die Kühe im Stall." Deshalb hatte Foodwatch Hochland 2020 seinen Negativpreis "Goldener Windbeutel für die dreisteste Werbelüge des Jahres" verliehen und die Firma aufgefordert, auf die Werbung zu verzichten. Die Käserei gab sich unbeeindruckt. Nun aber hat sie sich verpflichtet, sie nach einer Umstellungsfrist bis 10. Januar 2022 zu unterlassen.

Der Grund für den Sinneswandel: Der "Verband Sozialer Wettbewerb" (VSW) hat sich in den Streit eingeschaltet und Hochland eine Abmahnung geschickt. Darauf hat die Käserei prompt eine Unterlassungserklärung gegenüber dem VSW abgegeben. In der Abmahnung hatte sich der VSW nach seinen Angaben auf das deutsche und das europäische Lebensmittelrecht bezogen. Danach sind eine irreführende Werbung und Aufmachung von Lebensmitteln untersagt. In der EU-Verordnung für Lebensmittel heißt es, dass "Kennzeichnung, Werbung und Aufmachung von Lebensmitteln (...) die Verbraucher nicht irreführen" dürfen. In der entsprechenden deutschen Verordnung steht: "Informationen über Lebensmittel dürfen nicht irreführend sein."

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Dass Hochland gegenüber dem VSW - anders als gegenüber Foodwatch - schnell eingelenkt hat, dürfte daran liegen, dass die Organisation als sehr streitbar gilt. Satzungszweck des VSW ist der Kampf gegen unlauteren Wettbewerb und Wirtschaftskriminalität. So steht es auf der VSW-Internetseite. "Wir verstehen uns als Hüter des Wettbewerbsrechts", sagt VSW-Geschäftsführer Ferdinand Selonke denn auch. "Wenn uns Beschwerden bekannt werden, greifen wir sie auf." Und im Zweifel ficht der VSW sie sogar bis zum Europäischen Gerichtshof hinauf aus. Der Verband, der 1975 in Berlin gegründet worden ist, ist offenbar recht schlagkräftig. Nach eigenen Angaben zählt er zu seinen Mitgliedern bundesweit 18 Wirtschaftsverbände, etliche Innungen und 350 Unternehmen aus einer Vielzahl von Branchen und vom Ein-Mann-Betrieb bis zum Großkonzern.

Die Unterlassungserklärung von Hochland ist auch eine Schlappe für das Landratsamt des Landkreises Lindau, wo die Käserei ihren Firmensitz hat, und das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Als Hochland zunächst nicht von der umstrittenen Werbung lassen wollte, forderte Foodwatch beide Behörden auf, sie dem Unternehmen zu untersagen. Doch Landratsamt und LGL weigerten sich. Wie Hochland beharrten sie darauf, dass die Werbung nicht irreführend sei. Sie bezogen sich auf einen kleinen Hinweis auf der Rückseite der Käseverpackungen, in dem steht, dass die Milch für Grünländer Käse von Kühen stammt, die sich frei im Stall bewegen können.

Hochland äußerte sich verklausuliert. Man habe "bereits Anfang 2019 ein Projekt zur Verbesserung unserer Verpackung hinsichtlich einer guten Recyclingfähigkeit gestartet", heißt es in einer Erklärung. "Die Umstellung des Verpackungsmaterials wird bis Ende des Jahres erfolgen. (...) Dies haben wir dem VSW in einer Vereinbarung zugesagt." Die Käserei, die 1927 in Großholz bei Lindenberg gegründet worden ist, zählt zu den Großen der Branche. Das Unternehmen hat Produktionsstätten in Deutschland, Frankreich, Spanien, Polen und Rumänien, aber auch in Russland, den USA und Australien. Hochland beschäftigt laut eigenen Angaben weltweit 5400 Mitarbeiter, 2019 habe der Umsatz 1,59 Milliarden Euro betragen.

© SZ vom 15.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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