Wintersport in Bad Tölz-Wolfratshausen:Abschwung

Wintersport in Bad Tölz-Wolfratshausen: Kaum ist genug Schnee da, macht den Skilift-Betreibern die Pandemie einen Strich durch die Rechnung. Sabine Vieweg will mit ihrem Lift in Beuerberg dennoch durchhalten.

Kaum ist genug Schnee da, macht den Skilift-Betreibern die Pandemie einen Strich durch die Rechnung. Sabine Vieweg will mit ihrem Lift in Beuerberg dennoch durchhalten.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Gerade für kleine, teils private Skilift-Betreiber ist die Lage bitter: Fehlte ihnen in den vergangenen Jahren der Schnee, bremsen sie nun die Corona-Restriktionen aus. Die Menschen strömen derweil trotz geschlossener Lifte in die Berge.

Von Benjamin Engel und Felix Haselsteiner

Der kleine Schlepper am Osthang oberhalb Beuerbergs ist ein Familien-Skilift im doppelten Wortsinn. Seit 1971 betreibt die Beuerberger Familie Mannheim die Anlage und seit vielen Jahrzehnten auch eine Skischule. Liegt wie derzeit genügend Schnee, zieht es zahlreiche Familien aus dem Umland mit ihren Kindern auf die Piste.

Das ist heuer kaum anders. Verdienen können die Mannheims damit aber wenig, weil der Lift wegen der Pandemie geschlossen bleiben muss. Trotzdem hat der bald 85 Jahre alte Otto Mannheim die Zufahrten und Parkplätze geräumt. Wie seine Familie hofft er immer noch, in diesem Winter öffnen zu können. Als "bitter" bezeichnet seine Tochter Sabine Vieweg die derzeitige Zwangspause. "Schon letztes Jahr konnten wir keinen Tag fahren." So schneearm war der Vorwinter nämlich. Heuer kämen die Familien mit Schlitten, Skiern oder Snowboard auch ohne Lift in Betrieb an den breiten Hang, schildert Vieweg. Die Familien blieben, so weit sie das beobachten könne, unter sich, hielten Abstand und bildeten keine großen Gruppen. "Die Leute verhalten sich vernünftig", sagt sie.

Reich wird keiner der wenigen, noch existierenden kleinen Skiliftbetreiber in der Region. Ohne großes ehrenamtliches Engagement wären diese Lifte kaum offenzuhalten. In Beuerberg präpariert Otto Mannheim normalerweise die Abfahrten mit der selbst konstruierten Pistenraupe. Seine Frau Inge unterstützt ihn. Die Töchter Claudia Mannheim und Sabine Vieweg leiten eine Skischule, geben Kurse direkt in Beuerberg oder am Brauneck. Umso problematischer ist es, wenn der Betrieb selbst bei genügend Schnee - wie derzeit - ausfallen muss. Glücklicherweise hänge die finanzielle Existenz ihrer Familie nicht allein von Lift und Skischule ab, sagt Vieweg. Sie und ihre Schwester seien anderweitig berufstätig, ließen sich im Winter aber freistellen.

Trotzdem kostet die Beuerberger Anlage Geld, etwa um die regelmäßigen TÜV-Prüfungen zu bezahlen. Sogar eine Schneekanone gibt es am Hang. Alles vorzubereiten, Parkplätze zu räumen und die Pisten zu präparieren brauche Zeit und Mühe. Die Familie Mannheim hat heuer eine Sammelbox aufgestellt und bittet Wintersportler, die trotzdem kommen, um Spenden.

Vom harten Schicksal der kleinen Skilift-Unternehmer erzählt auch Michael Krinner von den Ötzliften am Rabenkopf in Kochel am See. "Es ist einfach schwierig", sagt er. In den vergangenen Jahren fehlte es noch am Schnee, der ist jetzt da - und dann bremse die Pandemie aus. Aktuell präpariert niemand die Abfahrt am Rabenkopf, dazu "fehlt es einfach an Zeit". Denn der Wintertourismus in den kleinen Skigebieten ist ein Nebenjob geworden, Krinner und seine Kollegen arbeiten aktuell in ihren normalen Jobs.

Kann es ein Überleben der kleinen Skilifte unter diesen Umständen überhaupt geben? Krinner ist skeptisch: "Ich bin dafür, dass wir aus der eigenen Tasche noch einmal finanzieren, um nächstes Jahr noch da zu sein", sagt er. Rein wirtschaftlich betrachtet dürfte es jedoch kaum sinnvoll sein, es braucht schon Idealismus auf den Hängen in Zeiten, in denen Schnee und Gäste Mangelware sind. "Wer weiß: Im nächsten Jahr können wir dann aus anderen Gründen wieder nicht aufsperren", sagt Krinner. Optimistisch klingt er dabei nicht.

Ein Tourismus- und Wirtschaftsunternehmen viel größerer Dimension sind die Bergbahnen am Brauneck. Bei der GmbH sind am Lenggrieser Hausberg 15 Mitarbeiter fest angestellt. Mehr als die Hälfte habe in Kurzarbeit gehen müssen, sagt Pressesprecherin Antonia Asenstorfer. Als Anfang Januar klar geworden sei, dass bis mindestens Ende des Monats kein Skibetrieb mehr möglich sein würde, sei das unumgänglich geworden. "Die Luft wird dünner", sagt Asenstorfer.

Besonders bitter ist für die Pressesprecherin, dass am Brauneck teils kaum weniger los ist als bei laufendem Skibetrieb. An einem Tag hätten sie auf den Parkplätzen schon 2500 Autos gezählt. "Fast wie an einem normalen Skitag", sagt sie. Auf den Skihängen im Tal seien die Rodler, weiter oben die Tourengeher unterwegs. Im Großen und Ganzen versuchten die Wintersportler zwar Abstand untereinander zu halten, sagt sie. Mit dem eigens ausgearbeiteten Hygienekonzept hätte die Bergbahn aber nach ihrer Überzeugung einen Skibetrieb gut steuern zu können. Dass die Liftanlagen im benachbarten Tirol offen haben - etwa am 30 Kilometer entfernten Christlum in Achenkirch - ärgert Asenstorfer etwas. "Wir fügen uns aber den Bestimmungen", sagt sie. Der Schutz der Gesundheit stehe an "oberster Stelle". Die Bergbahnen seien nicht die einzige Branche, die unter der Zwangspause leide.

Am Parkplatz der Gondelbahn-Talstation am Brauneck verlangen die Betreiber am Wochenende fünf Euro Parkgebühr. Das begründet Asenstorfer damit, dass geräumt und gestreut werden müsse und auch die Toiletten gereinigt werden müssen.

Die Einnahmenausfälle sind für die Liftbetreiber am Brauneck wie am wenige Kilometer weiter südwestlich gelegenen Herzogstand zwar finanziell verkraftbar. Schwierig sei die Situation aber für die Gemeinde sehr wohl, sagt der Kochler Bürgermeister Thomas Holz (CSU). "Das tut schon weh und ist sehr schade."

Seine Kommune ist Mehrheitsgesellschafter der Herzogstandbahn, an der auch die Kreissparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen finanziell beteiligt ist. An einem schönen Wintertag wie dem vergangenen Samstag wären normalerweise viele Gäste mit der Kabinenpendelbahn zum Gipfel gefahren, sagt Holz. Trotz Hygieneauflagen sei ein Betrieb einer geschlossenen Gondel aber in der derzeitigen pandemischen Lage mit einer Virus-Mutation sowieso schwierig. Das Hauptgeschäft mache die GmbH aber im Sommer. "Die Herzogstandbahn steht dank ihrer super Belegschaft auf soliden Beinen", betont Holz. "Wir werden das schon verkraften." Die Mitarbeiter nutzten die Zeit für liegen gebliebene Arbeiten. In Kurzarbeit sei derzeit keiner, es werde aber darüber nachgedacht. Auch ohne Bahnbetrieb steigen derzeit viele Tourengeher am Herzogstand auf. Bei der derzeitigen Lawinenlage warnt der Kochler Rathauschef Holz aber vor unvorsichtigen Unternehmungen.

Am Beuerberger Skihang will sich derweil Sabine Vieweg mit der gesamten Familie Mannheim darum bemühen, den Betrieb auch über die Corona-krise hinweg weiterzuführen, sagt sie.

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