Gericht:Diebin schlägt auf Verkäuferinnen in Parfümerie ein

19-Jährige lässt in Starnberg Lippenstifttester mitgehen und dreht durch, als sie gestellt wird - Bewährungsstrafe

Von Christian Deussing, Starnberg

Eine ertappte Diebin hat in einer Starnberger Parfümerie laut Anklage auf zwei Verkäuferinnen eingeschlagen, die sie an der Flucht hindern wollten. Der Fall hatte sich im April vorigen Jahres in der Wittelsbacher Straße abgespielt und wurde jetzt vor dem Jugendschöffengericht verhandelt. Die 19-jährige Angeklagte gestand, Lippenstifttester im Wert von 105 Euro in ihre Handtasche gesteckt zu haben, an der Ladentür handgreiflich geworden zu sein und die Parfümerie-Angestellten vulgär beleidigt zu haben.

"Ich bin durchgedreht und hatte Angst, in U-Haft zu müssen", sagte die junge Frau im Prozess. Denn sie war erst einige Wochen vor der Tat in Starnberg in einer Münchner Parfümerie beim Klauen erwischt worden und hatte dabei einen Detektiv getreten und eine Polizistin aggressiv beleidigt. Die Starnbergerin wurde nun wegen räuberischen Diebstahls, vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung zu einer Jugendfreiheitsstrafe mit einjähriger Bewährung verurteilt.

Die 19-Jährige akzeptierte das Urteil und versprach, dass so etwas nicht mehr passieren werde. Die Angeklagte, die mehrfach und auch einschlägig vorbestraft ist, muss beiden Verkäuferinnen 350 Euro beziehungsweise 150 Euro an Schmerzensgeld zahlen und darf ihre Psychotherapie sowie ihre Ausbildung zur Krankenpflegerin nicht abbrechen. Sie entschuldigte sich bei den zwei Mitarbeiterinnen des Kosmetikgeschäfts und versicherte ihnen: "Es tut mir sehr leid, ich wollte sie nicht verletzen und habe nur aus Verzweiflung gehandelt."

Eine Verkäuferin hatte auf einer Überwachungskamera den Diebstahl der jungen Kundin beobachtet und wollte sie an der Ausgangstür stoppen, die versperrt wurde. Daraufhin habe ihr die Angeklagte ein kleines Haarbüschel herausgerissen, sagte die 25-jährige Mitarbeiterin, die auch am Unterarm und an der Stirn Blessuren erlitt. Ihre jüngere Kollegin, die ihr zur Hilfe geeilt war, berichtete von einem Schlag, der sie am linken Ohr getroffen habe. Beide Opfer nahmen die Entschuldigungen der Täterin an, die sich damals erst beruhigt hatte, als die alarmierte Polizeistreife eingetroffen war.

Der Staatsanwalt hielt es für sehr bedenklich, dass die Angeklagte schon häufiger durch solche Taten mit gleichem Muster aufgefallen sei und mehrwöchiger Dauerarrest offenbar keine Wirkung gezeigt habe. Dennoch wolle er ihr eine Bewährungschance geben, um den offenbar erfolgreichen Ausbildungsweg in einer Klinik "nicht zu torpedieren ". Die Verteidigerin betonte, dass ihre einsichtige Mandantin "einen großen Wandel vollzogen", sich vom falschen Freundeskreis getrennt habe und mittlerweile in einer festen Beziehung lebe. Die Jugendgerichtshilfe bestätigte die stabilen Verhältnisse der 19-Jährigen, die als Kleinkind adoptiert worden war und seit dem 16. Lebensjahr durch schulische und psychische Probleme auf die schiefe Bahn geraten war. Jetzt sei sie aber hoch motiviert in ihrer Ausbildung, es laufe "sehr gut und rund", berichtete der Vertreter der Jugendgerichtshilfe.

Diesen positiven Verlauf nahm auch Jugendrichter Ralf Jehle zur Kenntnis. Er appellierte jedoch an die Angeklagte, nicht mehr straffällig zu werden und die Therapie und die Pflegeausbildung fortzusetzen. Sie solle sich aber auch der Gefährdung bewusst sein, in einem sensiblen Bereich von Patienten zu arbeiten, wo Geldbeutel auf Nachtkästchen liegen könnten. Auch das gab das Schöffengericht der 19-Jährigen mit auf den Weg.

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