SZ-Serie "Bester Dinge":La grande Muff

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(Foto: dpa)

Wie Frankreich die Landluft zum nationalen Erbe erklärt, um Nachbarschaftsstreitigkeiten zu verhindern.

Von Veronika Wulf

"Mitten in der Stadt beschreibt man das Landleben am schönsten", wusste schon der französische Schriftsteller Jules Renard (1864 - 1910). Hierzulande zeichnen Fernsehdauerbrenner wie "Der Bergdoktor" und "Sturm der Liebe" ein Landbild in übersättigtem Grün, in dem Wiesenblumen zu Violinenklang wogen. In der Landlust sieht man rotbackige Menschen in Strick beim Kühefüttern. Überhaupt beanspruchen Magazine über das stadtferne Leben inzwischen genauso viel Regalplatz am Zeitungskiosk wie die über Motorisiertes oder leicht Bekleidete.

Ob von dieser Landromantik inspiriert oder vom neuen Home-Office: Menschen ziehen tatsächlich aufs Land, immer wieder. Aber wehe, es riecht streng! Die Kühe dürfen ja gerne beschaulich auf der Wiese rumstehen. Aber diese Gülle - muss das sein? Auch der Hahn ist fester Bestandteil des Landidylls, er gehört auf den Misthaufen und hat zu krähen, aber bitte nicht morgens um fünf Uhr. Kann man den nicht umdressieren?

Manchmal prallen die Ansichten von Landwirten und Landschwärmern dann juristisch aufeinander. In Sitters in Rheinland-Pfalz etwa seien den Nachbarn zehn Hühner und ein Hahn zuzumuten, die "Lärm- und Geruchsimmissionen als ortstypisch hinzunehmen", urteilte das Verwaltungsgericht Neustadt 2017. Frankreich schützt Dungduft und Kikeriki nun sogar gesetzlich. Als "sensorisches Erbe der französischen Landschaften" sollen sie in das Umweltgesetz aufgenommen werden und zum Erbe der Nation gehören. La grande Muff sozusagen.

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