Hoffnung in Ebersberg:Starthilfe für die Kultur

Altes Kino - Start in die 29.te Saison

Mitte September in Ebersberg: So sah der Alter Speicher unter den damaligen Pandemie-Bedingungen aus.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die SPD-Landtagsfraktion fordert flächendeckend Pilotbühnen. Hinter der Initiative stecken auch ein Grafinger Veranstalter und eine Ebersberger Abgeordnete.

Von Anja Blum

Wer hätte das gedacht? Die bayerische Kulturszene richtet einen Appell an die Politik - und erntet nicht nur warme, vertröstende Worte, sondern tatsächlich eine Aktion. Die Landtagsfraktion der SPD hat nun einen Antrag gestellt "für einen Neustart der Kultur", in dem sie fordert, in allen Landkreisen Pilotbühnen einrichten.

Diese Forderung geht zurück auf die bayernweite Initiative "Ohne Asche kein Phönix", der sich auch mehrere Kulturschaffende - Veranstalter, Musiker, Kabarettisten sowie Bühnentechniker - aus dem Landkreis Ebersberg angeschlossen haben: Mitte November hatten Sebastian Schlagenhaufer, Markus Bachmeier, Hans Klaffl, Rudi Baumann, Edeltraud Rey und Klaus Welm einen Brandbrief ihrer Branche an die beiden Ebersberger Landtagsabgeordneten Thomas Huber (CSU) und Doris Rauscher (SPD) übergeben.

Die darin enthaltenen Forderungen sind sehr moderat. Die Akteure, darunter Promis wie Christine Eixenberger oder Wolfgang Krebs, appellieren an die Politik, die Kulturstätten nach dem Lockdown mit als erste Institutionen zu öffnen. Denn diese hätten sich in Bayern als sichere Orte und Veranstalter als zuverlässige Organisatoren erwiesen, die ihre Hygienekonzepte professionell umzusetzen wüssten. Und um dies auch wissenschaftlich zu untermauern, gelte es, mehr Pilotbühnen einzurichten.

"Keiner weiß, wie sich die Infektionen entwickeln werden, deswegen geht es uns nicht um einen konkreten Termin, sondern um Perspektiven und Konzepte, wie eine Wiederöffnung umsetzbar wäre", erklärt Sebastian Schlagenhaufer, Chef der Grafinger Stadthalle und Mitglied der "Phönix"-Truppe. Man müsse einen Rahmen schaffen für Möglichkeiten - anstatt immer nur Verbote auszusprechen.

Und dazu gehöre eben die Idee der Pilotbühnen: Veranstaltungsorte, die nicht nach starren Bestimmungen bespielt werden, sondern nach individuellen Regeln - je nach Raumgröße und Lüftung etwa. Sprich: zum Beispiel 500 Zuschauer statt der bisherigen Corona-Maximalgrenze von 200, wenn die Gegebenheiten dies zulassen. Das müsse dann von einem "vernünftigen Monitoring" begleitet werden, so dass daraus belastbare Erkenntnisse gezogen werden könnten. "In Staatsoper und Gasteig etwa hat man so schon hervorragende Ergebnisse erzielt", sagt der Grafinger. "Es gab da keinerlei Infektionen." Und solche Analysen könnten dann die Grundlage sein für eine generell schnellere Öffnung.

Insofern sind Schlagenhaufer und Co. sehr erfreut, dass die SPD die Idee der flächendeckenden Pilotbühnen nun aufgegriffen hat. Doris Rauscher habe von Anfang an sehr gut zugehört und sich auch gleich engagiert, zum Beispiel mit einer eigens angesetzten Videokonferenz mit dem kulturpolitischen Sprecher Volkmar Halbleib - aber dass dies gleich in einen Antrag münde, davon sei man nun doch überrascht, so Schlagenhaufer.

In dem Papier heißt es: "Die Kultureinrichtungen brauchen Planungssicherheit und müssen wissen, unter welchen Bedingungen sie wieder öffnen können. Die Staatsregierung ist jetzt gefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um Wiederöffnungsszenarien bei verschiedenen Inzidenzwerten darzustellen. Mit Pilotbühnen können Voraussetzungen des Wiedereinstiegs von Kultureinrichtungen unterschiedlicher Genres und verschiedener Größen ermittelt und in Zusammenarbeit mit Gesundheitsämtern und Kulturschaffenden in funktionierende Konzepte umgesetzt werden."

Außerdem weist die SPD hin auf eine aktuelle Untersuchung des Fraunhofer Instituts in der Dortmunder Konzerthalle: Aerosolmessungen hätten hier gezeigt, dass die Hälfte der Plätze in einem Konzerthaus oder Theater nahezu ohne Ansteckungsgefahr belegt werden könnten. Voraussetzungen seien Masken, eine ausreichende Frischluftzufuhr und eine Sitzordnung im Schachbrettmuster.

Und was sagt die CSU dazu? Eine Ausweitung des Pilotbühnen-Modells sei alleine aus Kapazitätsgründen nicht umsetzbar, antwortet Bernd Sibler, bayerischer Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, in einem Schreiben an die SPD-Abgeordnete Rauscher. Ansonsten arbeite die Staatsregierung "selbstverständlich bereits seit Beginn der Pandemie an entsprechenden Konzepten, die - abhängig vom Infektionsgeschehen - leider immer wieder kurzfristig angepasst werden mussten".

Für die Kulturschaffenden aber ist diese Situation mehr als frustrierend: "Die CSU scheint nur auf kurzfristige Planung zu setzen, sei es an den Schulen, beim Impfen oder in der Kultur", schimpft Schlagenhaufer, "wichtig sind nur BMW und Audi." Und dieses Bayern wolle ein Kulturstaat sein?

Kurzfristig geht nicht: Veranstaltungen brauchten stets Vorlauf, sagt der Grafinger - für Programmplanung, Buchung, Probenarbeit und Ticketverkauf. "Ein Theater kann schlicht nicht innerhalb von zwei Wochen plötzlich wieder aufmachen." Hinzu komme das Debakel um die Förderungen, die oft viel zu spät oder gar nicht ankämen.

Deswegen sagten viele Veranstalter jetzt schon Termine bis Mitte 2021 ab, zahlreiche Künstler sähen sich nach anderen Betätigungsfeldern um. Die ganze Kulturszene befinde sich in einem gewaltigen Erosionsprozess, von dem sie sich lange nicht erholen werde. "Aber mal schauen, vielleicht schreibt die CSU ja wieder von den anderen ab", sagt Schlagenhaufer. Nun liege der Antrag ja zumindest auf dem Tisch.

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