Stadt und Land:Verständnis haben für die Lage der anderen

Meinungen zu den zwischenzeitlichen Ausflugseinschränkungen

Winter in Bayern

Besuch der Städter Anfang Januar: Parkende Autos von Ausflüglern vor dem zugefrorenen Spitzingsee in Südbayern, auf dem sich zahlreiche Menschen tummeln. Daraufhin wurden die Regeln für touristische Ausflüge verschärft.

(Foto: dpa)

Zu "Nichts wie raus" vom 16./17. Januar:

In seinem Artikel beschreibt Herr Matzig einleitend die gegenseitigen Vorurteile, die Städter und Bewohner ländlicher Regionen pflegen. Da ist viel Wahres dran. Allerdings wurde die Ursache, warum viele Menschen im Oberland so ungehalten auf den Besucherandrang reagieren, nicht betrachtet. Natürlich kann man das Risiko einer Ansteckung nicht daran festmachen, ob jemand in der Stadt oder auf dem Land lebt.

Ich kann auch jede Familie verstehen, die in diesen extrem anstrengenden Zeiten einfach mal rauswill, um ein Stück Normalität und Entspannung zu finden. Und es ist auch richtig, dass die Region in "normalen" Zeiten gutes Geld mit Ausflüglern verdient. Ich bitte aber Folgendes zu bedenken: Wir Bewohner des ländlichen Raums sind von den Lockdown-Maßnahmen genauso betroffen wie alle anderen auch. Unsere Schulen, Kitas, Geschäfte, Gaststätten etc. sind geschlossen, und uns wird gesagt, wir sollen möglichst zu Hause bleiben. Viele bangen um ihren Arbeitsplatz. Wie alle anderen wünschen auch wir uns, schnellstmöglich zur Normalität zurückkehren zu können. Deshalb halten wir uns bestmöglich an die verordneten Maßnahmen (AHA-Regel, Kontakte vermeiden, etc.).

Und dann sehen wir regelmäßig eine Blechlawine anrollen, Menschen, die dicht an dicht im Gänsemarsch um den Spitzingsee laufen, Schlitten fahren etc. Das ist erschütternd, und man fühlt sich sehr ausgeliefert. So schwer das auch sein mag, aber derzeit benötigen wir alle ein großes Maß an Rücksichtnahme und Solidarität.

Petra Domansky, Holzkirchen

Wie oft habe ich mir den Spott anhören dürfen: Vier Kinder, aber alle werden Kita-frei erzogen - Haus auf dem Dorf -, eine Mutter, die sich lieber um die Kinder kümmert, als weiter einer bezahlten Arbeit nachzugehen. Bisher wurde dies oft als rückständig, unemanzipiert, armutsgefährdet etc. tituliert. Dann kam die Corona-Krise, seitdem langweilen sich Alleinstehende und Kleinstfamilien in ihren vier Wänden, strömen die Städter von der kleinen, teuren Stadtwohnung aufs Land, müssen Eltern unterstützt werden, weil sie plötzlich mit ihren Kindern den Tag verbringen müssen. Wir brauchen keinen Sonderurlaub, keine Finanzhilfen, bekommen keine Panik, weil Kitas und Schulen schließen, finden auch ohne Besuch immer genug Unterstützung und Spielkameraden.

Holger Nachtigall, Sachsenried

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