Nach Empörung beim Zentralrat:Wulff entschuldigt sich

Niedersachsens Ministerpräsident Wulff bedauert seinen Vergleich von Managerkritik mit einer "Pogromstimmung." Der Zentralrat der Juden bezeichnete die Äußerung als "Unverschämtheit".

Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat empört auf den Pogrom-Vergleich des niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) reagiert. Wulff hatte in einer Fernsehsendung am Donnerstagabend massive Kritik an hohen Managergehältern mit einer Pogromstimmung verglichen.

Nach Empörung beim Zentralrat: Bedauert seinen Vergleich der Kritik an Managergehältern mit einer "Pogromstimmung": Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff.

Bedauert seinen Vergleich der Kritik an Managergehältern mit einer "Pogromstimmung": Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff.

(Foto: Foto: ddp)

"Beschämend für Niedersachsen"

Der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan Kramer, legte dem Politiker am Freitag den Rücktritt nahe. "Wulff sollte sich einfach fragen, ob er für sein Amt geeignet ist", sagte Kramer. Wulff entschuldigte sich: "Die Verwendung des Wortes Pogromstimmung bedauere ich", sagte er am Freitag in Hannover, zwei Tage vor dem Jahrestag der Reichspogromnacht. "Nichts kann und darf mit der Judenverfolgung und den schrecklichen Pogromen gegen die Juden verglichen werden", sagte Wulff. Eine generalisierende Stimmungsmache gegen hohe Gehälter in der Wirtschaft sei allerdings falsch.

Der niedersächsische SPD-Fraktionschef Wolfgang Jüttner erklärte: "Es ist beschämend für Niedersachsen, wenn sich der Ministerpräsident drei Tage vor dem 70. Jahrestag der Reichspogromnacht derart instinktlos äußert."

Wulff war am Donnerstagabend Gast in der N24-Talkshow "Studio Friedman". Das Thema lautete "Angst vor dem Absturz: Wird Deutschland ein Armenhaus?" In der Diskussion fragte der Moderator Michel Friedman, wie es sein könne, dass Lokomotivführer für eine geringe Gehaltserhöhung streiken müssten, während Bahnmanager Millionen einsteckten. Wulff sagte dazu, wenn diese Debatte nichts mit Neid zu tun habe, dann wisse er nicht, wie Friedman Neid definiere.

"Unverschämtheit und ein Skandal"

Als der Moderator zurückfragte, wie Wulff Gerechtigkeit definiere, sagte der CDU-Politiker: "Ich finde, wenn jemand 40 Millionen Steuern zahlt und Zehntausende Jobs schafft, dann muss ich nicht gegen den eine Pogromstimmung entwickeln, sondern dann kann ich sagen, er leistet einen wesentlichen Beitrag zu unserem Land und zu unserem Gemeinwesen."

Kramer sagte dazu: "Gerade vor dem Hintergrund, dass kürzlich erst über ähnliche Äußerungen des Münchner Ökonomen Hans-Werner Sinn lang und breit diskutiert wurde, sind Wulffs Äußerungen eine Unverschämtheit und ein Skandal." Kramer forderte: "Eine einfache Entschuldigung reicht da nicht mehr aus. Wulff habe in der Sendung dreimal Gelegenheit gehabt, seine Worte zurückzunehmen. Er habe dies nicht getan.

Der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Sinn, hatte sich nach heftiger Kritik an seinem Vergleich von Judenverfolgung und aktueller Managerkritik offiziell entschuldigt. Er bitte die jüdische Gemeinde um Entschuldigung und nehme den Vergleich zurück, schrieb Sinn Ende Oktober in einem offenen Brief an die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch. Knobloch hatte daraufhin die Hoffnung geäußert, "dass Entgleisungen dieser Art ein einmaliges Vorkommnis waren".

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