Online-Diskussion:Bauen mit Weitblick

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Grünfläche in luftiger Höhe: Solche umweltfreundlichen Bepflanzungen sind für Flachdächer bereits jetzt vorgeschrieben. Hier ein Beispiel aus der Messestadt Riem. (Foto: Florian Peljak)

Die Münchner Ingenieurin Kathrin Theilig informiert in der digitalen Ortsversammlung der Ottobrunner Grünen über nachhaltige Architektur

Von Angela Boschert, Ottobrunn

Neubauten versiegeln nicht nur den Untergrund, die Baubranche ist laut Umweltbundesamt für etwa 40 Prozent der CO₂-Emissionen, 35 Prozent des Energieverbrauchs und 60 Prozent aller Abfälle in Deutschland verantwortlich. Das müsse sich auch auf kommunaler Ebene ändern, finden die Ottobrunner Grünen. Sie luden Kathrin Theilig von der Initiative "Architects for Future" zu ihrer digitalen Ortsversammlung ein.

Fast 30 Teilnehmer zeigten am Donnerstagabend dann, dass sehr wohl Interesse an diesem Thema besteht. Die Münchner Bauingenieurin Theilig stellte klar, dass beim Bauen ressourcenorientiert gedacht werden müsse, dieses Umdenken aber ein langfristiger Prozess sei. Nachdenklich stimme, dass die Menschen schon am 22. August 2020 das Jahresbudget der Stoffe, die sie der Natur entnehmen können, ohne ihr zu schaden, überschritten hatten. Es gelte, kreislaufgerecht zu denken, also schon vor der Herstellung von Produkten zu überlegen, wie Materialien zirkulieren, also wiederverwendet oder recycelt werden könnten. Ein weiteres Prinzip des "Cradle to cradle"-Ansatzes sei es, konsequent erneuerbare Energien zu verwenden. Gerade im Baubereich müsse mehr saniert statt neu gebaut werden, so Theilig, die in Kürze am Forschungsprojekt "Bauen mit positivem Fußabdruck" an der Technischen Universität München mitarbeitet. Wenn ein vorhandenes Gebäude nicht saniert oder umgenutzt werden könne, sollten bei Neubauten nachhaltige Materialien verwendet werden. So könne bei der Planung von Kindergärten bereits überlegt werden, ob aus ihnen später Wohnhäuser werden oder ob einzelne Komponenten, etwa Wände, Fenster oder Dämmung, wiederverwendet werden können. Eine Lösung im Kleinen wären genormte Anschlüsse oder Maße, etwa bei elektrischen Geräten, statt für jedes Produkt firmeneigene.

Der Ottobrunner Gemeinderat und Architekturstudent Fabian Matella, der Theilig eingeladen hatte, wünscht sich, dass die Gemeinde bei ihren eigenen Projekten nachhaltiges Bauen forciere. Die Grünenfraktion hätte beantragt, bei der Bebauung des ehemaligen Johannitergrundstücks in der Rosenheimer Landstraße, Ecke Zaunkönigstraße, Holzbauten als Alternative zu berücksichtigen. Bei den älteren Gewerbebauten entlang des Haidgrabens, etwa Polizei oder Wertstoffhof, müsse man Investoren und Bauherren dazu bringen, nachhaltig zu planen. Bei Nachverdichtungen, etwa im sogenannten Vogelviertel, sollten Maßnahmen wie Fassadenbegrünung einbezogen werden: "Gerade in einer dicht besiedelten Gemeinde wie unserer", so Matella. Photovoltaik-Anlagen und Begrünung von Flachdächern seien bereits vorgeschrieben.

Ein Leitfaden zu nachhaltigem Bauen für Städte und Kommunen ist laut Theilig in Vorbereitung. Nachhaltiges Bauen sei letztendlich billiger, betrachte man die Kosten während der Lebenszeit und die Abbruchkosten anstatt nur die reinen Erstellungskosten, betonte der Grünen-Ortsvorsitzende Michael Senft. Matella wünschte sich, dass der Schulzweckverband bei der geplanten Realschule in Hohenbrunn oder Höhenkirchen-Siegertsbrunn dies berücksichtigt: "Die Schüler halten sich dort oft den ganzen Tag auf, daher sollte mit gesunden und umweltfreundlichen Materialien gebaut werden."

© SZ vom 30.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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