Bundesliga:Lange Mängelliste

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Enttäuscht in Stuttgart: die Mainzer Robin Zentner (v.l.n.r.), Jeremiah St. Juste und Dominik Kohr. (Foto: Sebastian Gollnow/dpa)

Das 0:2 in Stuttgart analysieren die Mainzer Fußballer angenehm selbstkritisch. Wieder zeigen sich große Probleme im Spiel nach vorne.

Von Christoph Ruf

Es waren Bilder, wie man sie für den Geschmack der 05-Fans ein bisschen zu oft sieht: Spieler in roten Trikots, die niedergeschlagen Richtung Kabine traben, freundlich aufgemuntert von gegnerischen Profis, die ihren eigenen Triumph feiern und netterweise auch ein bisschen an die Unterlegenen denken. Die aber schienen geradezu sinnlich zu spüren, was die Tabelle besagt: zehn Punkte aus nun 19 Spielen. Und eine Chance auf drei weitere Zähler vertan.

Dabei sah es anfangs nicht danach aus, als könne der VfB den ersten Saisonheimsieg in einem Ligaspiel holen. Mainz, das nach dem 3:2 gegen RB Leipzig als Vorletzter wieder etwas optimistischer in die Zukunft blickte, war in der ersten Halbzeit zumindest gleichwertig. Die 05er überzeugten kämpferisch in einem Maße, das hin und wieder gelbe Karten nach sich zog. Neben Stefan Bell machte sich vor allem der gerade aus Frankfurt ausgeliehene Dominik Kohr durch zahlreiche taktische Fouls bemerkbar.

Das zentrale Mainzer Problem der vergangenen Wochen schlug aber auch in Stuttgart voll durch. Denn zu Torchancen kamen die Gäste am Freitagabend eigentlich nie, sieht man mal von einem Latten-Kopfballtreffer von Karim Onisiwo ab (61.). Mainz hatte durchaus Balleroberungen im Mittelfeld, mit denen erfolgreichere Mannschaften vielversprechende Angriffe einleiten. Doch mal wurden die Pässe in die Spitze schlampig gespielt, mal stimmte der Laufweg des Adressaten nicht.

Das alles machten die angenehm selbstkritischen Mainzer selbst als Hauptmanko aus. "Man sieht, dass wir noch Luft haben im Ballbesitz, dass da die Sicherheit fehlt, dass zu oft falsche Entscheidungen getroffen werden", fand Bell. Kapitän Danny Latza wurde noch konkreter: "Unser Problem waren die Umschalter, die haben wir zu schlecht ausgespielt." Im Training, berichtete Latza weiter, arbeite man unter dem neuen Coach Bo Svensson hingebungsvoll am Angriffsverhalten. Daran, wie aus viel Fleiß Chancen werden. Und im Idealfall aus Chancen Tore.

Es fehlte bei vielen Abspielen nicht nur an Präzision, sondern bei fast allen Aktionen auch an Tempo. Insgesamt gibt es in der Liga wenige Spieler, die mit Einzelaktionen ein Duell entscheiden können (wie es Stuttgarts Silas Wamangituka vor dem 2:0 mit einem 80-Meter-Sprint tat); in Mainz fällt das allerdings besonders auf. Selbst am Freitag, als der VfB einer schwachen ersten Halbzeit eine durchschnittliche zweite folgen ließ, in der Saša Kalajdzič sein Team in Führung brachte (57.), wirkten die Angriffe der Rheinhessen im Vergleich zu denen des Gegners zähflüssig und umständlich.

Die individuelle Komponente der Mainzer Tragik

Und natürlich hat die Mainzer Tragik auch eine individuelle Komponente. Jean-Philippe Mateta, mit sieben Treffern bester Torschütze, haben die Mainzer gerade zu Crystal Palace ziehen lassen. Wenn man noch einen Ersatz verpflichten könnte, wäre man froh auf der Mainzer Geschäftsstelle. Die Akteure, die am Freitag von der Ersatzbank kamen, konnten jedenfalls nur bedingt helfen. Am besten machte es noch Kevin Stöger, der sich mühte, aber kurz vor Schluss einen Freistoß aus dem Halbfeld nicht über die erste Reihe bekam. Levin Öztunali hingegen fehlten nicht der Wille und nicht die Technik, wohl aber die Dynamik. Und Adam Szalai war zwar noch nie ein Konterspieler, nach seiner Einwechslung in der 58. Minute verlor er aber Laufduelle gegen Gegenspieler, die im Gegensatz zu ihm den Ball hatten.

Die Liste der Mainzer Defizite war also lang am Freitag. Wobei, und auch da hatte Latza recht, einiges ja auch klappte: "Die Intensität in der ersten Halbzeit und das Zweikampfverhalten waren gut." Das stimmte zumindest mit Blick auf die erste Hälfte. Mainz ließ aber im zweiten Durchgang stark nach. Insgesamt gewann der VfB 58 Prozent der Zweikämpfe. "Zu dünn" sei das insgesamt gewesen, fand Coach Svensson. Und hatte recht.

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