Demo in München:Mit Klobürsten am Stachus gegen Putin

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Etwa hundert Demonstranten kamen am Samstag zusammen. Für sie steht fest: Die Urteile gegen Putin-Kritiker Nawalny sind politisch motiviert. (Foto: Florian Peljak)

Die Solidaritätsbekundungen für Kreml-Kritiker Alexej Nawalny reißen auch in München nicht ab. Dabei ist eine konkrete Forderung an die deutsche Politik zu sehen.

Von Heiner Effern

Immer wieder schallen die Sprechchöre bis weit in die Fußgängerzone hinein. "Freiheit für Nawalny" ist zu hören, oder "Freiheit für Russland". Und immer wieder auch die Forderung: "Putin muss weg!" Dazwischen gibt es viele Reden auf Russisch, ab und zu eine auf Deutsch, denen die etwa 100 Demonstranten aufmerksam folgen. Sie haben sich am Samstagmittag auf dem Stachus versammelt, um sich für den inhaftierten Kreml-Kritiker Alexej Nawalny einzusetzen und Druck auf Russlands Präsident Wladimir Putin auszuüben.

Auch Irene Strauch ist gekommen, um gegen die Willkür in ihrer zweiten Heimat zu demonstrieren. Seit 25 Jahren lebt sie in Deutschland, fast die Hälfte ihres Lebens. Aber was Putin in und mit Russland macht, das trifft sie noch immer hart. Sie habe immer noch beide Staatsbürgerschaften, erzählt sie, aber der russische Pass sei schon länger abgelaufen. Nicht, weil es ihr egal wäre. "Den lasse ich erst verlängern, wenn Putin weg ist", hat sie sich vorgenommen, als ihr persönliches Zeichen gegen dessen Herrschaft in Russland. "Viele von uns stehen zum dritten oder vierten Mal hier", ruft sie, als das Mikrofon schließlich bei ihr landet. Es gehe darum, Freuden, Verwandten, Kollegen und Geschäftspartnern Solidarität zu bekunden.

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Das sei gerade jetzt wichtig, nicht nur für Nawalny, dessen Freilassung sie alle hier am Stachus laut verlangen. Putin und seine Vertrauten würden nicht nur politische Gegner vergiften und zu töten versuchen, sondern sie setzten auch auf "Schikane, Einschüchterung, Propaganda, brutale Gewalt und Verhaftungen", um die Bürger zum Schweigen zu bringen. Deshalb ertönt am Samstagmittag auch in München immer wieder der laute Ruf: "Freiheit für alle politischen Gefangenen."

Am Beifall an den auch auf Russisch vorgetragenen Reden und den Sprechchören auf Russisch ist zu erahnen, dass der Großteil der Demonstranten einen engen Bezug zu Russland hat oder ursprünglich von dorther stammt. Einige haben sich Fahnen in den Landesfarben über die Schultern gehängt. Viele Schilder, die in die Höhe gehalten werden, sind in zwei Sprachen verfasst. Zumindest eine konkrete Forderung an die deutsche Politik ist auch zu sehen. "Ich will kein Gas von Putin", steht auf einem Schild, um Widerstand gegen Gaslieferungen aus Russland und die neue Pipeline in der Ostsee auszudrücken.

Auch die Klobürste als Symbol des Widerstands wird hochgehalten. Nawalny hatte in einem Video aufgedeckt, dass Putin über einen Luxus-Palast verfügen könne, in dem sogar die Klobürsten 700 Euro kosten sollen. Ein Symbol für die Verschwendungssucht der Eliten und die Ausbeutung des Volkes. Nur weil Nawalny solche Missstände aufdecke, sitze er nun in Haft, ist auch Irene Strauch überzeugt. "Alle Urteile gegen ihn sind politisch motiviert und haben keine gesetzliche Grundlage", ruft sie in ihrer Rede, die sie wie viele andere mit dem Ruf "Freiheit für Nawalny" und mit "Freiheit für Russland" beendet.

© SZ vom 08.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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