CSU:Wie der derbe Aschermittwoch zum digitalen mutierte

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Politischer Aschermittwoch: In diesem Jahr wird es keine volle Halle geben. (Foto: dpa)

Einst war der politische Aschermittwoch in der Passauer Nibelungenhalle ein zufriedenstellendes Gesamtpaket, dann nur noch ein "Event" in der Dreiländerhalle. Mit dem Schwenk zum Digital-Gaudium droht aus dem Gesamtpaket ein Päckchen zu werden.

Glosse von Sebastian Beck

Der Aschermittwoch ist schon deshalb etwas Besonderes, weil sich an diesem Tag Restalkohol, Kopfschmerz und die frische Erinnerung an die Faschingsgaudi zu einer eigentümlichen Melancholie vermischen. Einst hat dieser Zustand seine bauliche Entsprechung in der Passauer Nibelungenhalle gefunden, diesem abgeranzten Nazi-Relikt mitten in der Stadt. Wenn es am Morgen dann auch noch nieselte, war alles perfekt angerichtet für den Politischen Frühschoppen der CSU. Nach etwa zwei Maß pro Person machte sich im Publikum eine Stimmung breit, die sich nicht durchgehend als heiter beschreiben lässt, weil etliche Schädel bereits in Signalrot leuchteten. Insgesamt aber war der Politische Aschermittwoch der CSU ein zufriedenstellendes Gesamtpaket, auch von der Beschallung her, für die Blasmusiker und wechselnde Redner verantwortlich zeichneten.

Als die CSU dann 2004 in die neue Dreiländerhalle umzog, war im Grunde genommen bereits alles verdorben. Das spezielle Aschermittwochsgefühl kann sich in einer Mehrzweckhalle nicht entfalten. Es ist auf ein gewisses Maß an Baufälligkeit angewiesen, die im Messepark Kohlbruck auch nach 17 Jahren noch nicht zu erkennen ist. Noch schlimmer als der Umzug setzte CSU-Generalsekretär Andi Scheuer - ein Passauer - dem Politischen Aschermittwoch zu. Er dachte sich ein "schnelleres Format" aus und goss seine Event-Sauce über die Veranstaltung. So ruinierte er sie 2017 zur Gänze.

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Auf der Homepage der CSU kann man sich in diesen Tagen zum "Politischen Aschermittwoch dahoam" anmelden. Daneben sieht man ein Halbporträt von Parteichef Markus Söder, der mit zugekniffenen Augen so entschlossen in die Kamera blickt, wie nur er es kann. Am Mittwoch um 11 Uhr geht es los im Netz. Das wird sicher eine Riesen-Gaudi, womöglich kann man sich sogar eine virtuelle Maß bestellen und gleich mit Bitcoin bezahlen.

Corona hat die Entwicklung nur beschleunigt: Von der Massensauferei, bei der geraucht und zu derben Sprüche gelacht wurde, hin zum aseptischen Laber-Slot. Vielleicht sollte man den ersten virtuellen Aschermittwoch zum Anlass nehmen und nächstes Jahr den ganzen Krampf, in welcher Form er auch immer dargeboten wird, einfach bleiben lassen.

© SZ vom 15.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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