Haushalt:Tiefes Loch in der Haimhausener Kasse

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Wie viele andere Landkreisgemeinden leidet auch Haimhausen unter den Folgen der Coronakrise - doch es gibt noch weitere Probleme. (Foto: Toni Heigl)

Corona, die Großraumzulage und die kommunale Finanzierungssystematik machen der Gemeinde stark zu schaffen - eine Erhöhung der Grundsteuern und Kitagebühren sollen ein kleiner Teil der Lösung sein

Von Horst Kramer, Haimhausen

Haimhausens Kämmerin Lisa Ostermeier ging mit einer dramatischen Botschaft in die Haushaltsgespräche für das laufende Jahr. Sofern nicht gegengesteuert wird, klafft zu Silvester ein Loch von rund 2,2 Millionen Euro in der Kasse: 420 000 Euro fehlen im Verwaltungshaushalt, sogar 1,8 Millionen im Vermögenshaushalt. Eine entscheidende Rolle spielen dabei die coronabedingten Steuerausfälle, wie überall. Doch mindestens ebenso schwerwiegend sind zwei weitere Probleme: das System der kommunalen Finanzierung sowie der Wettbewerb der Kommunen um kompetentes Personal. Diese Botschaft war Haimhausens Bürgermeister Peter Felbermeier (CSU) in der jüngsten Haushalts- und Finanzausschusssitzung besonders wichtig.

Fast zwei Stunden suchten die Mitglieder des Gremiums nach Lösungen. Die Maßnahmen, die sie vorschlagen, werden wohl nicht auf einhellige Zustimmung stoßen. So sollen die Grundsteuern A und B von 340 auf 360 Punkte angehoben werden, der Gewerbesteuerhebesatz von 320 auf 330 Punkte. Mit den Mehreinnahmen könnte die Lücke im Verwaltungshaushalt heuer um rund 138 000 Euro verkleinert werden. Die restlichen fehlenden 280 000 Euro werden vom Vermögenshaushalt umgebucht. Der Fehlbetrag im Vermögenshaushalt soll durch einem Kredit mit einer Laufzeit von zwanzig Jahren ausgeglichen werden.

Der Ausschuss empfiehlt außerdem, die Gebühren für die Kindertageseinrichtungen und die Mittagsbetreuung künftig jährlich anzupassen, erstmals am 1. September. Ostermeier sprach von einer Anhebung der monatlichen Krippengebühren um durchschnittlich um 40 Euro, bei den Kindergartengebühren geht es im Schnitt um 15 Euro - immer abhängig vom Buchungszeitraum. Für das laufende Haushaltsjahr wirken sich diese Erhöhungen "nicht spürbar" aus, so Ostermeier, im kommenden Jahr sei immerhin mit rund 44 000 Euro zusätzlich zu rechnen. Vor diesen Beschlüssen hatten die Haimhausener Haushälter ausführlich die Ursachen für die aktuelle Misere analysiert.

Ein Blick in das Vor-Corona-Jahr 2019 hilft, die Schwierigkeiten zu verstehen. Damals erwirtschaftete das Rathaus im Verwaltungshaushalt einen Überschuss von rund 1,43 Millionen Euro. Zum einen wegen höherer Steuereinnahmen - so konnte die Kommune vor zwei Jahren etwa Gewerbesteuern von rund 2,4 Millionen Euro verbuchen, heuer rechnet Ostermeier nur mit 1,7 Millionen. Zum anderen lagen die Personalausgaben damals bei 3,37 Millionen Euro. Inzwischen liegen sie bei 3,85 Millionen Euro - ohne dass sich die Anzahl der Beschäftigten wesentlich verändert hätte. Daran ist neben den üblichen Tarifsteigerungen vor allem die sogenannte "Großraumzulage" schuld; sie allein treibt die Kosten um circa 220 000 Euro nach oben, wie die Kämmerin ausgerechnet hatte.

Vor zwei Jahren hatte die Landeshauptstadt ihre "München-Zulage" für ihre Beschäftigten eingeführt und damit eine Lawine im Umland losgetreten. Felbermeier sprach von einem "Bärendienst": Alle Rathäuser mussten nachziehen, um nicht Gefahr zu laufen, ihre Mitarbeiter an eine Nachbarkommune zu verlieren. "Wer für dieselbe Tätigkeit nebenan rund 400 Euro brutto mehr erhält, überlegt sich, ob sie oder er bleibt", erklärte der Rathauschef. Eine Streichung dieser freiwilligen Zulage verbiete sich deswegen, so Felbermeier, obwohl sie rechtlich möglich sei.

Das Haushaltsrekordjahr 2019 sorgt aus einem weiteren Grund für Ärger. Denn es bildet die Berechnungsgrundlage für die Kreisumlage, die damit ebenfalls eine Rekordhöhe erklimmt. Zu allem Überfluss hat der Landkreis seine Umlage um 1,5 Prozentpunkte erhöht. Deswegen muss Haimhausen heuer 3,6 Millionen Euro nach Dachau überweisen, 700 000 Euro mehr als 2019. "Und das in einem Krisenjahr, wie wir es seit dem Zweiten Weltkrieg noch nie erlebt haben", klagt Felbermeier. Wie schon oft geißelte er die kommunale Finanzierungssystematik: "Der Bezirk hat keine Probleme, denn er holt sich sein Geld vom Landkreis. Der Landkreis hat auch kein Problem, er holt sich sein Geld von den Kommunen. Wir sind die Letzten in der Kette und müssen sehen, wie wir zurecht kommen." Entweder durch Einsparen von Ausgaben oder durch die Erhöhung von Einnahmen. Ersteres ist fast nicht möglich, allein die Personalkosten sowie die Kreis- und die Gewerbesteuerumlage machen laut Ostermeier 56 Prozent des Haushalts aus. Der Rest sind im Wesentlichen Pflichtausgaben, ergänzte Felbermeier.

So schlugen der Bürgermeister und seine Finanzexpertin vor, die Grundsteuern und den Gewerbesteuerhebesatz anzuheben. Der Rathauschef räumte dabei mit einem gängigen Irrtum auf: Eine Erhöhung um zehn Punkte bedeutet nicht, dass die Steuern oder der Hebesatz um zehn Prozent steigen, sondern nur um rund drei Prozent. Ostermeier rechnete vor: "Bei zwanzig Punkten mehr erhöht sich die Grundsteuer einem Einfamilienhaus nur um durchschnittlich 12,15 Euro im Jahr." Fast alle Ausschussmitglieder segneten die neuen Sätze ab. Bis auf Anton Bredl (CSU), der die Grundsteueranhebung nicht mitträgt und Bettina Ahlrep (Grüne), die sich eine geringere Hebesatzerhöhung gewünscht hatte. Über die Betreuungsgebühren wurde ebenfalls intensiv diskutiert. Die wesentliche Änderung zum bisherigen Verfahren ist die jährliche Anpassung. Bis dato blieben die Beiträge über einen längeren Zeitraum gleich, dafür fiel die Erhöhung umso drastischer aus. Es war Christina Meckel (ÜWB), die für kleinschrittige Anhebungen plädiert hatte. Details muss die Kämmerin noch ausarbeiten.

Beschlossen sind die Maßnahmen damit noch nicht. Das ist letztlich Sache des gesamten Haimhausener Gemeinderats. Er trifft sich das nächste Mal am Donnerstag, 18. März.

© SZ vom 17.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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