Kommunalgipfel:Zwischen "leichter Zuversicht" und "ein bisschen Ernüchterung"

Videokonferenz Merkel und Söder

Im Gespräch mit OBs und Landräten haben Angela Merkel und Markus Söder ihren Kurs verteidigt.

(Foto: Pwter Kneffel/dpa)

Nach einem Treffen mit Kanzlerin Merkel und Ministerpräsident Söder wirken Bayerns Kommunalchefs halbwegs versöhnt. Bei der Diskussion um Lockerungen ist von einer "Gratwanderung" die Rede.

Von Thomas Balbierer und Andreas Glas

Peter von der Grün schwankt am Freitag zwischen "leichter Zuversicht" und "ein bisschen Ernüchterung". Gerade hat der Landrat von Neuburg-Schrobenhausen mit 95 bayerischen Amtskollegen mehr als zwei Stunden mit Bundeskanzlerin, Ministerpräsident und zwei Gesundheitsministern über die Corona-Politik diskutiert. Nun fragt sich der Kommunalpolitiker, was davon bleibt. Zuversicht, einerseits. Schließlich habe Kanzlerin Angela Merkel (CDU) angesichts der sinkenden Infektionszahlen einen "halbwegs unbeschwerten Sommer" in Aussicht gestellt. "Da schwang viel Hoffnung mit", sagt von der Grün (Freie Wähler). Andererseits, und hier kommt die Ernüchterung ins Spiel: "So schnell, wie sich das manche wünschen, werden die Corona-Beschränkungen wohl nicht gelockert."

Im Vorfeld des Treffens konnte man den Eindruck gewinnen, dass viele Kommunalchefs allmählich die Geduld mit dem Lockdown-Kurs verlieren. Die Corona-Zahlen sind in vielen Regionen Bayerns zuletzt stark gefallen, unter den Inzidenzwert von 50, teilweise auch unter 35. Da sei es schwer, der Bevölkerung zu vermitteln, warum man das Leben weiterhin lahmlege, klagten die Rathaus- und Landkreischefs. Nicht nur Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hatte deshalb Lockerungen von Handel, Gastronomie, Kultur und Sport ins Spiel gebracht.

"Dafür, was im Vorfeld diskutiert wurde", sei die Videoschalte "bemerkenswert konstruktiv" und "einig" gewesen, sagt Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Er spricht von einer "Gratwanderung", da es immer noch Hotspots gebe, dazu die Virusmutanten. Man werde die Entwicklung bis zu den Bund-Länder-Gesprächen am 3. März beobachten, danach aber könne es mit Lockerungen "schnell gehen". Dafür brauche es eine flexible "Öffnungsmatrix, keinen starren Stufenplan".

Flexibel bedeutet für Söder, dass dieser Plan "sowohl bei positiver als auch negativer Entwicklung" greift - und Öffnungen nicht sofort zurückgenommen werden, wenn die Inzidenz kurzfristig wieder unter einen Schwellenwert fällt. Man wolle regional so zu differenzieren, dass es zwischen Hotspots und weniger betroffenen Regionen nicht zu "Tourismus" beim Handel komme. Er könne sich "verschiedene Stufen" vorstellen, von Quadratmeterregeln bis zu festen Terminen beim Einkauf. In Regionen mit "sehr günstigen Zahlen", könnten Grundschüler bald komplett in den Präsenzunterricht zurückkehren, sagt Söder. Erneut stellt er auch in Aussicht, dass bald wieder mehr private Kontakte möglich sind. Wie beim Handel sei aber wichtig, dass die Inzidenzwerte unter 35 fallen. Zudem kündigt Söder an, die Impfzentren weiter auszubauen.

Die ostbayerischen Landkreise bitten um Unterstützung beim Testen und Impfen

Auch die Kommunalpolitiker klingen nach dem Treffen versöhnlicher. Ingolstadts Oberbürgermeister Christian Scharpf (SPD) hatte am Mittwoch noch erklärt, dass es "höchste Zeit" für schrittweise Lockerungen sei. Man könne das Land "nicht auf Dauer unter Verschluss halten". Nun betont auch Scharpf, dass der Weg aus dem Lockdown eine "Gratwanderung" sei und Erfolge der Pandemiebekämpfung "nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden dürfen". Es scheint, dass Merkel und Söder einiges an Überzeugungsarbeit geleistet haben. Seine Grundhaltung habe er aber nicht geändert. "Der Wunsch nach Perspektive bleibt. Wir können das Land nicht bis zu einer Herdenimmunität im September geschlossen lassen." Ingolstadts Inzidenz lag am Freitag bei 12,4.

Ganz andere Sorgen plagen dagegen Peter Berek (CSU), Landrat von Wunsiedel. Im Grenzgebiet zu Tschechien sind die Fallzahlen weiterhin am höchsten. Berek warb als Sprecher der besonders betroffenen Landkreise in Ostbayern bei Merkel & Co. für mehr Unterstützung beim Testen und Impfen. Außerdem bat er darum, die Grenzschließungen noch einmal zu überdenken. Diese führten zur "absonderlichen Situation", dass Unternehmen ihre tschechischen Mitarbeiter massenhaft in deutsche Hotels und Pensionen einquartierten. Stattdessen plädierte er für Kontrollen, Testpflicht und eine "Pendlerquarantäne", wonach Tschechen die Grenze weiterhin überqueren dürften, allerdings nur, um zum Arbeitsplatz zu fahren.

Den ostbayerischen Landkreisen verspricht Söder Unterstützung, etwa finanzielle Hilfen. "Wenn woanders geöffnet werden kann, wird das mit der Akzeptanz und Balance in Hotspot-Landkreisen besonders schwierig". Regionen mit niedrigeren Inzidenzen "werden mehr Perspektive haben", sagt Söder. Und jene mit hohen Werten werde man "so unterstützen, dass sie bald niedrigere haben". Er bleibt allerdings dabei: Garantien gebe es nicht.

Was den Osterurlaub betrifft, macht Söder dennoch Hoffnung. Er sagt: "Ostern ist noch völlig offen."

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