Paketbomben an Lidl und andere Firmen:Serie von Sprengstoffanschlägen wohl aufgeklärt

Drei Personen durch Explosion in Neckarsulm verletzt

Der zweite Tatort einer Serie von Sprengstoffanschlägen: Die Zentrale der Supermarktkette Lidl im baden-württembergischen Neckarsulm.

(Foto: Simon Adomat/dpa)

Innerhalb weniger Tage kommen drei Postsendungen mit explosivem Material bei Unternehmen an, zwei explodieren. Jetzt meldet die Polizei einen schnellen Fahndungserfolg - und sucht nach einem Motiv.

Von Oliver Klasen

Spätestens am Mittwoch dieser Woche muss der Polizei in Baden-Württemberg klar geworden sein, dass diese Sache größer werden könnte. Dass es sich nicht um eine einzelne Tat, sondern womöglich um eine Serie handelt, eine Serie von Sprengstoffanschlägen auf deutsche Lebensmittelunternehmen.

Der Alarm ging in Neckarsulm ein, das direkt an Heilbronn angrenzt und vor allem für zwei große Arbeitgeber bekannt ist: den Autohersteller Audi und die Schwarz-Gruppe, jenen Lebensmittelkonzern, der die beiden Marken Kaufland und Lidl führt. Eben dort, in einem Verwaltungsgebäude der Firma Lidl, gab es am Mittwochnachmittag gegen 14.50 Uhr eine Explosion. Drei Mitarbeiter wurden verletzt, einer mittelschwer, zwei leicht, und schnell sickerte durch - hier handelt es sich nicht um einen Unfall im Betrieb, sondern um einen Anschlag. Von einer Brief- oder Paketbombe war die Rede. Der Sprengsatz sei hochgegangen, als einer der Mitarbeiter in der Poststelle die Warensendung geöffnet habe.

Fast genauso war es auch etwas mehr als 24 Stunden zuvor in Eppelheim bei Heidelberg, knapp 70 Kilometer von Neckarsulm entfernt. Dort haben die Wild-Werke ihren Sitz, ein internationaler Aromenhersteller, der unter anderem die Marke Capri-Sun beliefert. Auch dort öffnete ein Mitarbeiter eine Postsendung, in der sich explosives Material befand. Es kam zu einer Verpuffung, der Mitarbeiter erlitt ein Knalltrauma.

Und dann, am Donnerstag, eine dritte Meldung. Am Münchner Flughafen sei ein weiteres Sprengstoffpaket entdeckt und unschädlich gemacht worden, adressiert an den Babyproduktehersteller Hipp in Pfaffenhofen an der Ilm.

Drei Unternehmen, drei Bombenanschläge, davon zwei vollendet. Wie ernst die Polizei diese Serie nahm, lässt sich schon daran erkennen, dass sie 100 Beamte aus mehreren Dienststellen auf den Fall angesetzt hatte.

Der Fahndungserfolg kam dann überraschend schnell. Am Samstag vermeldeten das Landeskriminalamt Baden-Württemberg und die Staatsanwaltschaft Heidelberg, wo die Ermittlungen zusammengelaufen waren, dass ein Mann festgenommen worden sei. Ein Rentner, 66 Jahre alt, aus dem Raum Ulm, nicht vorbestraft.

Alle drei Sprengstoffsendungen wurden in Ulm aufgegeben

Bei seiner Festnahme am Freitagabend habe er keinen Widerstand geleistet. Auf seine Spur sei die Polizei durch die Rückverfolgung der Postsendungen gekommen. Sie seien alle drei gleichzeitig in einer Postfiliale in Ulm aufgegeben worden, jeweils mit einer anderen fiktiven Adresse.

Doch was ist der Grund für die Anschläge? Steckt eine Erpressung dahinter? Dazu gab es am Samstag keine Erkenntnisse. Der Verdächtige schweige bisher zu den Vorwürfen, hieß es, und von einem Erpresserbrief ist bislang nichts bekannt. Beweismittel, die Ermittler in der Wohnung des Mannes gefunden hätten, würden noch untersucht.

Nur ein weiteres Detail teilte die Polizei am Samstag mit, immerhin ein beruhigendes: Sie halte es für unwahrscheinlich, dass der Mann noch weitere Briefe mit Sprengmaterial verschickt habe.

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