Immobilien und Wohnen:Der Deckel wirkt

Wohnungen in Berlin

Die Deutsche Wohnen besitzt vor allem Wohnungen in Berlin, Vonovia hat jeweils Zehntausende Wohnungen im Ruhrgebiet, in Dresden und im Rhein-Main-Gebiet. (Archivbild)

(Foto: Jens Kalaene/dpa)

Eine Untersuchung zeigt, dass die Preise bei Neuvermietungen in Berlin um rund elf Prozent gesunken sind. Experten befürchten aber auf lange Sicht negative Effekte.

Von Jan Heidtmann, Berlin

Vor einem Jahr trat in Berlin der Mietendeckel in Kraft. Lobbyisten von Vermietern und Mietern kommen dabei zu einer sehr unterschiedlichen Einschätzung. Die einen sprechen von einer "historischen Dummheit", die anderen von einem "Segen". Für eine wissenschaftliche Studie wurden nun die Effekte des Mietendeckels anhand von Wohnungsannoncen ausgewertet - demnach seien die Mieten teils kräftig gesunken. Langfristig aber gehen die Experten von "eher negativen Effekten" aus.

Der Mietendeckel ist ein Projekt der Berliner Regierungskoalition aus SPD, Linken und Grünen. Er friert die Mieten von rund 1,5 Millionen Wohnungen in der Hauptstadt auf dem Stand vom Juni 2019 ein und gilt für die Dauer von fünf Jahren. Ausgenommen sind lediglich Wohnungen, die ab dem 1. Januar 2014 bezugsfertig waren. Die Mieten sind in Berlin in den vergangenen Jahren rasant gestiegen, mehr als in jeder anderen deutschen Metropole. Zwar lagen sie ursprünglich auch auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau, zugleich verdienen die Berliner jedoch im Durchschnitt weit weniger als in anderen Städten. Mit dem Mietendeckel will der Senat den betroffenen Mietern eine "Atempause" verschaffen.

Dies ist nach Einschätzung der Ökonomen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, dem Luxembourg Institute of Socio-Economic Research und der Wirtschaftsuniversität Wien gelungen. Tatsächlich seien die Preise ausweislich der untersuchten Wohnungsannoncen um rund elf Prozent gesunken. Dieser Erfolg für diejenigen, die eine Wohnung besitzen, habe jedoch drastische Folgen für die, die suchen: Die Zahl der angebotenen Mietwohnungen habe in dem untersuchten Zeitraum bis zum ersten Lockdown im vergangenen März um mehr als die Hälfte abgenommen.

"Der Mietendeckel erreicht also nur vordergründig sein Ziel und hat einige unschöne Nebenwirkungen", sagt Sofie Waltl von der Wirtschaftsuniversität Wien. Denn das knappere Angebot führe dazu, dass verstärkt im Umland von Berlin, wo der Mietendeckel nicht gilt, gesucht werde. In Potsdam seien die Mieten so um zwölf Prozent gestiegen. Längerfristig schade der Mietendeckel damit dem Versuch, den Anstieg der Mieten zu bremsen eher, so die Ökonomen.

Ihre Empfehlung lautet, mehr Wohnraum zu schaffen. "Private Bauträger sollten dabei eher als Verbündete im Kampf um erschwinglichen Wohnraum betrachtet werden", heißt es in der Studie.

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