Mitten in Starnberg:Gefangen im Aufzug

Wer sonntags im Büro den Fahrstuhl benutzt, kann bisweilen Abenteuerliches erleben - wie Bürgermeister Patrick Janik

Glosse von Peter Haacke

Wohl kaum ein Transportmittel wird so unterschätzt wie der Aufzug. Rein statistisch betrachtet benutzt jeder Mensch etwa alle 72 Stunden einen Fahrstuhl, wobei auch die Ureinwohner von Eswatini, Papua-Neuguinea oder Helgoland mit eingerechnet werden. Freilich meiden einige Menschen Aufzüge wie der Teufel das Weihwasser und lassen sich auch nicht davon abhalten, zum Termin im 27. Stock übers Treppenhaus zu gelangen. Andere leiden unter Klaustrophobie, wollen sich nicht mit Viren und Bakterien auf Knöpfen und Handläufen infizieren oder haben womöglich Bilder des Kinoschockers "Fahrstuhl des Grauens" im Kopf. Die meisten aber nehmen den Aufzug nur wahr, wenn er mal nicht funktioniert - so wie Starnbergs Bürgermeister Patrick Janik.

Der begab sich diensteifrig und pflichtbesessen an einem sonnigen Sonntag ins Rathaus, bestieg den gläsernen Fahrstuhl, drückte den Knopf zum zweiten Stock - und steckte plötzlich fest. Tücke der Technik: Nichts ging mehr, weder hoch noch runter. Ein ähnliches Schicksal hatte an anderer Stelle zu früherer Zeit auch schon Kaiserin Maria Theresia durchlitten: Die nach 16 Schwangerschaften wohl etwas mollig gewordene österreichische Regentin hatte in Schloss Schönbrunn einen "fliegenden Stuhl" einbauen lassen, um ihren bereits verblichenen Gatten in der Familiengruft zu besuchen. Als sie jedoch wieder mal auf der Fahrt nach oben stecken blieb, sah sie darin ein untrügliches Zeichen: Sie möge doch besser auch in der Gruft bleiben.

Im Gegensatz zum kaiserlichen Fahrstuhl funktionierte im Starnberger Rathaus aber der Notruf: Wenig später öffnete sich Janik die Tür auf Höhe des ersten Stockwerks. Der Fahrstuhl im Foyer aber ist seither gesperrt: Bis voraussichtlich Freitag, 5. März, stehen nun dringende Wartungs- und Reparaturarbeiten an. Womöglich hat das Ganze einen Nebeneffekt, ja, vielleicht ist es sogar ein Wink des Schicksals: Janik, bekennender Raucher, möge sein Laster einschränken. In Büros darf ja ohnehin nicht gequalmt werden. Aber nur für eine schnöde Zigarette zu Fuß runter und wieder hoch durchs ganze Treppenhaus? Das überlegt man sich selbst als Bürgermeister zweimal.

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