Mitten in Sachsenkam:Dumme Frage, höfliche Antwort

Stereotypen sind oft öde, verhelfen einem mitunter auf zu neuen Erkenntnissen

Glosse von Felix Haselsteiner

Das Schicksal eines SZ-Volontärs auf dem Land ist häufig mit dummen Fragen verbunden. Aus der Großstadt wird man als Auszubildender bei der Süddeutschen Zeitung für fünf Monate in einen der Landkreise geschickt, die rund um die Landeshauptstadt liegen. Dort darf man sich schöne Landschaften anschauen, interessante Menschen kennen lernen, vor allem aber darf man eine große Menge dummer Fragen stellen, so wie der Autor dieser Zeilen vor einigen Tagen bei einer Recherche in Sachsenkam.

"Gebt ihr euren Kühen eigentlich noch Namen?", fragte da der unwissende Volontär den Jungbauern, der ihm erklärt hatte, dass die Milchkuh im Heustadel gerade in einer speziellen Kraftfutteranlage fraß, wo eine digitale Messstelle ihr Gewicht überwachte. Jungbauer Leonhard Bacher hätte nicht höflicher reagieren können, als er sagte, jaja, die Namen gebe es schon noch, aber auseinanderhalten könne er seine Milchkühe nicht immer. Er hätte auch sagen können: "Herrgott, Zefix, a Stodtkind. Glaubst, mia lebn in die 50er-Johr und die Zenzi, der Schorsch und die Irmgard stehn im Stoi und mia redn jedn Tog mit eana ois wia wenn ma sinst nix zum tuan hädn?"

Bacher blieb ehrenwert cool und erzählte stattdessen lieber über die Digitalisierung in der Landwirtschaft, die sicher ihre Vorteile habe, aber die kleinen Bauern in den Ruin treibe, weil die sich die Investition nicht leisten könnten. Digitalisierung sei also nicht überall die Lösung. Der in Sachsenkam gepflegte Dialekt wurde dem Volontär immer sympathischer und irgendwo zwischen Stallvieh und Bauernstube bemerkte er, dass die Lehren vom Land auch für die Zukunft in der Stadt überaus wertvoll sein könnten.

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