SZ-Kolumne "Bester Dinge":Schere, wem Schere gebührt

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Öffnung der Friseure hat neben der Entzottelung der Menschheit einen weiteren positiven Effekt: Endlich sprießen sie wieder, die haarsträubenden Wortspiele.

Von Titus Haarnu

Haare sind eigentlich nur Fäden aus Horn. Bei den einen wachsen sie üppig (Wookiee, Anton Hofreiter, Tom Kaulitz), bei den anderen eher spärlich (Nacktmull, Peter Altmaier, Bruce Willis). Evolutionsforscher deuten das menschliche Haupthaar als Überbleibsel eines Ganzkörperfells, das unsere Vorvorvorfahren wärmte und schützte. Von "Würde in schwierigen Zeiten" war damals nicht die Rede, zumal es noch keine Rede gab.

Wenig erforscht ist dagegen der Zusammenhang zwischen Haaren und Humor. Anscheinend macht Keratin kreativ: Kaum öffnen die Friseurläden, sprießen überall haarige Wortspiele. "Berlin freut sich auf die neue Haareszeit", titelte die Berliner Morgenpost. Es ist von "Freudensträhnen" die Rede. Selbst im seriösen Deutschlandfunk sprechen Exphairten über die "Pandematte". Die guten alten Frisurwortspiele feiern ein haarsträubendes Kammbäck. Ist das ein Fortschnitt - oder wird es zu verhairenden Verwüstungen der Sprachkultur kommen?

Friseurmeister und -meisterinnen sind seit jehair auch Wortwitzmeister und -innen. Kaum eine Branche hängt so an Sprachspielen, und seien sie noch so an den Haaren herbeigezogen. Am Flughafen BER hat, kaum überraschend, eine Hairport Lounge eröffnet. In Deutschland gibt es jeweils mehr als 100 Friseurgeschäfte, die "Haarscharf" oder "Haargenau" heißen, ganz zu schweigen von Krehaartionen wie "Hairzenswunsch", "Haarzweio", "Hair-Gott", "Liebhaarber" oder "Hair-Cooles".

Nur Haarspalter würden beklagen, dass solche Friseurnamen so schlimm sind, dass sie zu Hirnschwund und Haarausfall führen. Besser ist es, sich über diesen hairlichen Schwachsinn zu freuen und hairzlich zu lachen. Haar, haar, haar! Um doch noch ein kleines Haar aus der Suppe herauszupicken: Einen Salon namens "Rudis Locken-Puff" würde man nach dem Lockdown trotzdem lieber nicht besuchen. Dann besser zu einem vertrauenswürdigen Laden, der schlicht "Damen und Herren" heißt.

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