Jesenwang:Aus einer anderen Welt

Besondere Jagdkanzel bei Jesenwang

Früher soll dieser Turm an der DDR-Grenze gestanden haben. Seit vielen Jahren nutzen Jäger ihn als Hochstand. Aktueller Besitzer ist Alexander Frank.

(Foto: Leonhard Simon)

Am Wildmoos in Jesenwang dient ein angeblicher DDR-Grenzturm als Jagdkanzel

Von Ingrid Hügenell, Jesenwang

Es ist ganz ruhig am Rande des Mooses bei Jesenwang. Gerade sind hier noch Rehe gewesen, man erkennt es an den Spuren im Boden und daran, dass der Hund aufgeregt wittert. Die Tiere haben in einem kleinen Waldstück gelegen um wiederzukäuen. Ein gutes Stück weiter links steht eine kleine Herde der urtümlichen, dunklen Heckrinder, die bei der Beweidung helfen.

Da taucht am Ende eines schlammigen Wegs ein Gebilde auf, das fast aussieht, als wäre hier ein Raumschiff aus einem Sechzigerjahre-Film gelandet. Auf vier dünnen Stelzbeinen ist ein dunkelgrüner Zylinder mit rundem Dach und schmalen, aufklappbaren Fensteröffnungen befestigt. Im Näherkommen sieht man, dass ein tonnenschwerer Betonklotz das Ding stabilisiert. Eine Leiter führt hinauf zum Einstieg.

Es handele sich um einen ehemaligen Beobachtungsturm der DDR-Grenze, erzählt Jagdpächter Alexander Frank. Den Turm habe der Hiasbauer nach der Wende aus der ehemaligen DDR besorgt. Der Hiasbauer, das war Josef Heinzinger aus Malching, ein "Schlitzohr", sagt Frank. "Ein Schacherer und Händler", sagt Gerhard von Hößlin, Vorsitzender des Jagdverbands Fürstenfeldbruck. Der Hiasbauer jedenfalls habe "die Dinger organisiert", erzählt Frank, zwei oder vielleicht drei Stück waren es, und mit dem Tieflader in den Landkreis bringen lassen. Woher genau die Türme stammen, wofür sie verwendet wurden und wie Landwirt und Unternehmer Heinzinger an sie gekommen ist, wissen beide nicht. Auch Franks früherer Jagdherr weiß nichts Näheres. Jedenfalls habe der Hiasbauer in und um Malching viel Grund besessen und "Verbindungen bis in die höchste Politik" gehabt, sagt von Hößlin. Er sei sogar mit Franz Josef Strauß auf die Pirsch gegangen. Im November 2017 ist er mit nur 70 Jahren gestorben.

Frank hat seinen Turm von seinem Vorgänger übernommen. Er ist mit fünf, sechs Metern viel höher als andere Hochstände und bietet dem Jäger daher einen besonders guten, weiten Überblick. Und so steht er da am Waldrand, in der hellen Frühlingssonne. Kein Raumschiff, aber doch ein Ding nicht nur aus einer anderen Zeit, sondern auch aus einer anderen Welt.

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