Schwabing:Beton-Look für die Münchner U-Bahn

Simulation U-Bahnhof Giselastraße

Beton-Grandezza: der Entwurf für den U-Bahnhof Giselastraße mit nackten Wänden - und Werbe-Bildschirmen (links). Simulation: Grauwald für SWM/Allmann Sattler Wappner

Der Bahnhof Giselastraße wird zum Testfall für das neue Designkonzept der MVG. Die lokale Politik ist voll des Lobes - hat aber noch Kritikpunkte.

Von Stefan Mühleisen

All jene, die sich an bunten Wandverkleidungen in den Münchner U-Bahnhöfen sattgesehen haben, sich dafür an einer grauen Sichtbetonoptik mit elaborierter Beleuchtung erfreuen, werden bald den U-Bahnhof Giselastraße als The Place to be rühmen können. Denn das Untergrundbauwerk wird wohl der Testfall für jenes Konzept, welches das Architekturbüro Allmann Sattler Wappner (ASW) zuletzt der Stadtgestaltungskommission vorgestellt hat - und das Expertengremium, welches Politik und Verwaltung berät, war sehr angetan.

Ebenso ist der Bezirksausschuss (BA) Schwabing-Freimann prinzipiell voll des Lobes für die Entwürfe - allerdings stoßen sich die Lokalpolitiker an einem aus ihrer Sicht entscheidenden Detail: der Werbeflächen an den Wänden. "Damit ist die ganze neue Gestaltung des Bahnhofs im Eimer", sagte Petra Piloty (SPD) zuletzt in der Sitzung des Gremiums.

Die Schwabinger und Freimanner Politiker hatten schon im November vergangnen Jahres in warmen Worten die derzeit ungeschminkten Betonwände und die freie (Beton-)Decke des Bahnhofs Giselastraße gepriesen. Ein "Gesamtkunstwerk" sei das, hieß es - wobei da keine Künstler am Werk waren, sondern Mitarbeiter der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), die Wand- und Deckenverkleidungen für die Sanierung des Mauerwerks abgenommen hatten. Der nackte Beton, die überraschend hohe Decke - der Bahnhof präsentierte sich plötzlich in der Architektursprache des Brutalismus, "fast kathedral", wie die BA-Politiker fanden. Und sie forderten, dass das so bleiben soll. Ihr Wunsch wird erfüllt - wobei der Beton-Look nun sogar Kernelement eines neuen Gestaltungskonzepts für die gut 40 U-Bahnhöfe ist, die in den nächsten Jahren saniert werden.

Das Prinzip ist eine Art Baukastensystem: Nicht jeder Bahnhof soll wie bisher mit viel Geld ein individuelles Aussehen verpasst bekommen. Vielmehr sollen künftig variierbare Standardelemente (Verzicht auf Wandverkleidungen, unterschiedliches Lichtdesign) eine eigenständige Erscheinung erzeugen. Also quasi: mehr Wirkung durch Weglassen. Denn aufwendiges Bahnhofsdesign wie am Marienplatz lässt sich mit dem Etat-Loch durch die Corona-Krise nicht mehr schultern. "Die abgehängten Decken haben den Bahnhöfen viel von ihrer Grandezza genommen", sagte Architekt Ludwig Wappner von ASW bei einer Präsentation der Pläne in der BA-Sitzung. "Wir veredeln einfach nur die Ingenieur-Bauwerke."

Die nackten Wände könnten eine Ausstellungsfläche für Kunst sein

Auf den Simulationen, die er dabei zeigte, sind jedoch weiterhin Werbe-Bildschirme an den Wänden zu sehen. Die Mitglieder der Stadtgestaltungskommission wollten sich daran nicht stören, die Schwabinger und Freimanner Politiker regt das aber ziemlich auf. Zum wiederholten Mal forderten sie nun, auf Werbung an den Wänden am Bahnhof Giselastraße ganz zu verzichten. Nach Vorstellung des Gremiums sollen die nackten Wände als Ausstellungsfläche für Kunstwerke dienen, bestenfalls in Kooperation mit Studenten der Kunstakademie - und so die "Betonhülle zu einem lebendigen Raum machen", wie es Lars Mentrup (SPD) ausdrückte. Sein Fraktionskollege Werner Lederer-Piloty wählte drastischere Worte: "Sonst ist das Konzept nicht nur im Eimer, sondern im Arsch."

Der Vorwurf ging dabei nicht an die Adresse des Architekturbüros, sondern an die MVG, die mit drei Vertretern per Video-Stream zugeschaltet war. MVG-Mitarbeiter Arne Petersen betonte, dass Werbe-Bildschirme und die Plakate von hoher Relevanz in der Kostenstruktur seien. "Wir können darauf nicht verzichten", sagte er und sprach von einem netzweit zweistelligen Millionenbetrag, der vor allem den Fahrgästen zugutekomme, also sich positiv auf Ticketpreise auswirke. Dennoch versicherte er: "Es ist angekommen, das es Ihnen ein wichtiges Anliegen ist. Wir prüfen das, denn es ist uns wichtig, dass der Entwurf eine hohe Tragfähigkeit hat."

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