Corona-Maßnahmen in Bayern:Söder vermeidet beim Lockern den Eindruck von Lockerheit

Sitzung des bayerischen Kabinetts

Markus Söder zu Beginn der Kabinettssitzung in der bayerischen Staatskanzlei.

(Foto: dpa)

Auch in Bayern soll es eine stufenweise Öffnung geben. Der Ministerpräsident hat nicht mehr die Rolle des Schließers, Mahners und Bremsers. Trotzdem gibt sich Söder betont ernst.

Von Johann Osel

Pünktlich auf die Minute erscheint der neue Markus Söder zur Pressekonferenz nach dem Kabinett. Es ist natürlich der alte Ministerpräsident, der Haarschnitt immer mehr in Disharmonie. Anders als sein halber Ministerrat, wie er eigens betont, war er noch nicht beim Friseur. Und doch ist es am Donnerstag ein anderer Söder bei diesem Routinetermin, wie er in der Pandemie schon unzählige Male abgehalten wurde.

Seit dem Beschluss von Bund und Ländern vom Vortag zur stufenweisen Öffnung, den Bayern nun weitgehend übernimmt, hat Söder nicht mehr die Rolle des Schließers, Mahners und Bremsers - sondern die des Lockermachers. Er versucht jedoch in der folgenden Stunde, diesen Eindruck tunlichst zu vermeiden.

Kontakte, Handel, Gastronomie und Sport - orientiert an zeitlichen Daten und Inzidenzen wird einem Großteil der Bürger in Bayern das Leben bald angenehmer gemacht. Von einem "Paradigmenwechsel", wie ihn manche gleich ausrufen, will Söder aber ausdrücklich nicht sprechen, man bleibe ja beim System der Inzidenzen. Auch eine Schlagzeile, wonach nach Lust und Laune gelockert werde, habe ihm nicht gefallen.

Es gehe um "Abwägung", sagt er, um eine "Balance", um "ein vernünftiges Konzept", das zugleich mit Blick auf die Risiken vertretbar sei. Verständlich sei, dass in der derzeitigen Phase mancher die Nerven verliere: "Wir nicht", sagt er. "Ungeduld darf nicht zur Gefährdungslage werden."

Auch bei Mimik und Vortrag ist Söder nicht in frühlingshafter Lockerlaune; er redet gewohnt ernst, verweist auf die Herausforderungen durch die britische Mutante. Ein schlumpfiges Grinsen oder dergleichen, wie er es bei der Konferenz am Mittwoch bei Vize-Kanzler Olaf Scholz (SPD) wahrgenommen und getadelt hatte, bietet Söder selbst an keiner Stelle auf.

Und doch stehen alle Zeichen auf ein Bröckeln des Lockdowns, wenngleich dieser insgesamt auch in Bayern verlängert wird. "Vorsicht, Vertrauen, Verantwortung" ist Söders neuer Dreiklang der Pandemiepolitik, die "Umsicht" fehlt in der Drei-V-Regel. Vorsicht bleibe, so etwa mit Ausgangssperren in Hotspots oder der "Notbremse" im Öffnungsterminplan. Dazu kommt nun aber Vertrauen und Verantwortung: "Nicht alles, was erlaubt ist, muss auch gemacht werden".

Mit dem Impfen ("einzige Langfriststrategie") und Testen (aber "keine Wunderwaffe") soll das Konzept flankiert werden. "Bayern impft, was geht", sagt Söder. Schon Ende März, so stellt er sich vor, könnten auch Haus- und Fachärzte "komplett" Vakzine verabreichen. Sie sollten auch die Priorisierung aufweichen dürfen.

Ausgang offen alles in allem, gibt auch Söder zu. Die Bürger hätten es mit ihrer Disziplin quasi selbst in der Hand - ob Osterurlaub oder Osterlockdown. Wobei Ersteres, also die Öffnung von Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen, nicht im Öffnungsplan enthalten ist; und Regierungskreisen zufolge derzeit auch nicht sonderlich wahrscheinlich.

Glücklich zeigt sich am Donnerstag Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), vornehmlich über die Perspektive für die Außengastronomie. Auch sein FW-Kollege und Kultusminister Michael Piazolo ist zufrieden; das war er über die Pandemiezeit allerdings immer, selbst wenn es mies lief. Eine Bitte formuliert Söder noch, ohne klaren Adressaten: "Nicht wieder alles zerreden!"

Später im Landtag, das Plenum tagt. Nicht zu den Beschlüssen, dies wird am Freitag geschehen, inklusive Regierungserklärung. Ob es ein "Zerreden" ist bei der Opposition, sei dahingestellt. Doch Kritik gibt es. "Hier wurde gerade noch der Dammbruch des Vertrauens und der Akzeptanz in der Bevölkerung abgewendet", sagt SPD-Fraktionschef Horst Arnold. Aber Impfen und Testen müssten endlich vorankommen. FDP-Wirtschaftspolitiker Albert Duin fordert die sofortige Öffnung der Außengastronomie, ein Dringlichkeitsantrag dazu fällt durch. "Schon wieder haben die Freien Wähler", meint Duin, "den Schwanz eingezogen und ihren Worten keine Taten folgen lassen."

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