Greensill Bank:Die reichste Gemeinde im Landkreis Starnberg bangt um Millionen

Greensill Bank

Die Finanzaufsicht Bafin hat die in Turbulenzen geratene Bremer Greensill Bank dichtgemacht. Die Auswirkungen reichen bis nach Pöcking.

(Foto: Sina Schuldt/dpa)

Pöcking hat fünf Millionen Euro bei dem in Turbulenzen geratenen Institut angelegt. Bürgermeister Rainer Schnitzler beteuert, man habe keine "Zinsjagd" veranstaltet.

Von Peter Haacke

Ein Verlust in Höhe von fünf Millionen Euro droht der Gemeinde Pöcking: Der Krösus unter den Kommunen im Landkreis Starnberg - die Gemeinde hat laut Bürgermeister Rainer Schnitzler über 79 Millionen Euro an Rücklagen - hatte seit Oktober 2020 fünf Millionen Euro in fünf Tranchen bei der Greensill Bank in Bremen angelegt. Doch der droht die Überschuldung. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) untersagte den Hanseaten darum am 3. März den Geschäftsbetrieb. Die Pöckinger haben derzeit keinen Zugriff auf ihr Geld.

Im Rathaus herrscht eine gewisse Ratlosigkeit. "Ich kann auch keine Glaskugel lesen", sagte Schnitzler. Ob oder wie viel Geld die Gemeinde im Falle eines Insolvenzverfahrens zurückbekommt, wird sich im Lauf der nächsten Wochen herausstellen. Bereits am Donnerstag erreichte den Bürgermeister die Nachricht, dass die Bafin gegenüber dem Institut ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot erlassen hat. Die Bank wurde für den Kundenverkehr geschlossen.

Pöcking: Bürgermeister Rainer Schnitzler /PWG

In seinen 19 Jahren als Pöckinger Bürgermeister hatte Rainer Schnitzler in Sachen Finanzen bislang nur gute Nachrichten - nun bangt seine Gemeinde um fünf Millionen Euro.

(Foto: Nila Thiel)

Zahlungen, die nicht zur Tilgung von Schulden gegenüber der Greensill Bank bestimmt sind, dürfen nicht angenommen werden. Das Moratorium soll die Vermögenswerte sichern. Bevor Anleger entschädigt werden, müsste die Bafin die Insolvenz der Bank und den Entschädigungsfall feststellen. Nach Informationen aus Finanzkreisen stehen rund 3,6 Milliarden Euro an Einlagen im Feuer. Davon sind etwa 3,1 Milliarden Euro durch gesetzliche Einlagensicherung und Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken gesichert. Das gilt vor allem für Geld von Privatkunden.

Greensill Bank

Die Turbulenzen der bisher allenfalls Finanzprofis bekannten Bremer Greensill Bank AG ziehen Kreise. Die Stadt Osnabrück hat 14 Millionen Euro, die Stadt Monheim am Rhein 38 Millionen bei dem Institut angelegt, das die Finanzaufsicht wegen drohender Überschuldung vorerst geschlossen hat. Die Bank bot in Zeiten von Null- und Negativzinsen Tages- und Festgeldanlagen zu ungewöhnlich hohen Sparzinsen an - nicht nur Kleinsparer griffen zu. Bund, Länder und Kommunen sowie bestimmte Wertpapierfirmen profitieren jedoch seit 2017 nicht mehr von der freiwilligen Einlagensicherung der privaten Institute, die in der Regel wesentlich höher ausfällt als die gesetzliche Einlagensicherung von 100 000 Euro. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Greensill Bank, die Bafin hatte zuvor Strafanzeige gestellt. Dem Vernehmen nach geht es um den Vorwurf der Bilanzfälschung. dpa

Im "Worst Case", so Schnitzler, sei das Geld weg. Eine Anwaltskanzlei wurde bereits beauftragt. Pöckings Rathaus-Chef hofft prozentual auf Rückzahlung einer "höheren zweistelligen" Quote. Auf Liquidität und Haushalt hätte der Verlust keine Auswirkungen. Die Gemeinde legt Wert auf die Feststellung, dass sie "ihre kommunalen Anlagen mit größter Sorgfalt und streng nach Recht und Gesetz tätigt". Insbesondere werde keine "Zinsjagd" veranstaltet. "Sicherheit geht vor Risiko", teilt Schnitzler mit; die Anlagen würden in der Kämmerei regelmäßig überwacht.

Dabei habe Pöcking in Zeiten historisch niedriger Zinsen Probleme, Geld anzulegen. Aktuell seien die übrigen 74 Millionen Euro in 78 Tranchen mit maximaler Einzelanlage von zwei Millionen Euro bei 25 Instituten und Banken breit gestreut. Die Greensill Bank sei aber eines der wenigen Institute gewesen, das noch fünf Millionen Euro mit einer längeren Laufzeit akzeptierte. "Du brauchst ja auch Banken, die das Geld nehmen", sagte Schnitzler, "blöd gelaufen".

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