Großbritannien:Schmerz, lass nach

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Immer guter Dinge: Premierminister Boris Johnson. (Foto: John Sibley/Reuters)

Die britische Wirtschaft bekommt die Folgen des Brexits deutlich zu spüren: Die Exporte in die EU brechen um 40 Prozent ein. Dennoch gibt es Hoffnung.

Von Alexander Mühlauer, London

In Großbritannien gehört die Kunst des Understatements seit jeher zum Repertoire eines halbwegs erfolgreichen Politikers. Boris Johnson ist da keine Ausnahme. Vor allem wenn es um die nicht so angenehmen Folgen des Brexits geht, setzt der Premier gerne auf das Stilmittel der bewussten Untertreibung. So tut er etwa die vom EU-Austritt verursachten Probleme der britischen Wirtschaft schon länger als "teething problems" ab, als Beschwerden also, die kleine Kinder haben, wenn sie ihre ersten Zähne bekommen. Dass diese Beschwerden doch schmerzhafter sind als von Johnson behauptet, zeigten am Freitag Zahlen des Statistikamtes ONS: Im Januar sind die britischen Exporte in die EU um 40,7 Prozent eingebrochen. Auch die Importe aus der EU gingen deutlich zurück, und zwar um 28,8 Prozent.

Das Statistikamt wies zwar darauf hin, dass der Handel nicht nur vom Brexit belastet wurde, sondern auch von den Folgen der Corona-Pandemie. Zudem hatten viele Unternehmen Lieferungen vorgezogen, um einem möglichen Brexit-Chaos zum Jahreswechsel vorzubeugen. Auffallend ist allerdings, dass es bei Ein- und Ausfuhren mit Nicht-EU-Staaten keine vergleichbaren Einbrüche zu verzeichnen gab. Insofern dürften die seit Jahresbeginn geltenden Regeln im Handel mit der Europäischen Union der Hauptgrund für die deutlichen Rückgänge beim Import und Export sein.

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Es gibt jetzt allerlei Papierkram zu erledigen

Seit 1. Januar ist die Brexit-Übergangsphase beendet, es gilt nun das Freihandelsabkommen, auf das sich London und Brüssel an Heiligabend verständigt haben. Für die Unternehmen bedeutet dies, dass sie seit Jahresbeginn allerlei Bürokratie erledigen müssen. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) rechnet damit, dass allein deutsche Unternehmen künftig etwa zehn Millionen Zollanmeldungen pro Jahr einreichen müssen. Geschätzter Kostenpunkt: 400 Millionen Euro. Kein Wunder, dass auch die deutschen Exporte nach Großbritannien im Januar stark zurückgegangen sind, und zwar laut Statistischem Bundesamt um 29 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Die Importe aus dem Vereinigten Königreich sanken in diesem Zeitraum um 56 Prozent.

Diese Zahlen schlagen sich naturgemäß in der britischen Wirtschaftsleistung nieder. Im Januar sank das Bruttoinlandsprodukt um 2,9 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Hoffnung macht nun vor allem die erfolgreiche Impfkampagne der britischen Regierung. Wenn alles weiter nach Plan läuft, dürften alle Erwachsenen beide Corona-Impfungen bis Mitte Juli erhalten. Bereits im Mai sollen alle, die das möchten, die erste Impfung hinter sich haben. Johnson ist guter Dinge, dass sein Land deshalb schneller aus der Corona-Krise kommt als der Rest Europas. Die OECD prophezeit den Briten in diesem Jahr ein Wachstum von gut fünf Prozent.

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