Autoindustrie:Dehnübungen bei BMW

BEIJING, CHINA - SEPTEMBER 26: A BMW i4 concept car is on display during 2020 Beijing International Automotive Exhibitio

Als das Coronavirus gerade eine Pause machte, im vergangenen September in Peking, stellte BMW eines seiner neuen Elektroautos vor, den i4. Er soll in diesem Jahr ausgeliefert werden.

(Foto: imago images)

Der Autobauer BMW will ein "grünes" Unternehmen werden - aber setzt trotzdem weiter auf Benzin und Diesel.

Von Max Hägler, München

Es ist ein großer Satz, und beinahe auch ein netter Reim, den der Vorstandsvorsitzende Chef Oliver Zipse da über sein Unternehmen sagt: "Das grünste Elektroauto soll ein BMW sein - und das kühnste Unternehmen die BMW Group." Auch der Münchner Konzern will also den Weg gehen, der gerade so angesagt ist in der Autoindustrie: Alles möglichst nachhaltig. Wie passend erklärt Zipse bei der Jahreskonferenz auch, dass die Menschheit jährlich mehr als 100 Milliarden Tonnen Rohstoffe abbaut: "Wer die knappen Ressourcen unserer Erde für sein Geschäftsmodell nutzen will, braucht dafür in Zukunft gute Gründe." Und weil neue Autos nicht immer der beste Grund sind, haben sie eine Idee bei BMW: viel mehr Sekundärmaterialien einsetzen als bisher. So soll in einigen Jahren quasi aus den Teilen eines gebrauchten BMW möglichst ein neuer Wagen entstehen. Recycling statt Schrottplatz. Wenn öfter Material in reiner Form verwendet wird, Stahl oder Kupfer etwa möglichst nicht vermischt werden, erleichtert das die Wiederverwendung.

Klingt vorbildlich. In einem zentralen Aspekt allerdings ist der Hersteller dann doch weniger "grün" als Konkurrenten wie Volvo oder Jaguar: Auf ein Enddatum für Benzin und Diesel wollen sich die Münchner nicht festlegen. "Über das Ende des Verbrenners entscheiden nicht wir, sondern die Märkte", sagt Technikvorstand Frank Weber. Und die seien unterschiedlich, wie auch die Regulatorik: Urbane Gegenden in den USA seien schon sehr auf die ressourcenschonendere Elektromobilität gepolt. Anderswo sei das noch kaum Thema.

Die Münchner dehnen sich deshalb weit: Viele Elektroautos soll es geben, etwa der iX und der i4 in diesem Jahr. Im Münchner Werk werden künftig - ganz symbolträchtig - auch E-Autos zusammengebaut; die bisher dort ansässige Produktion von Verbrennermotoren wird nach Österreich und Großbritannien verlagert. Eine neue Fahrzeug-Klasse planen sie zudem ab 2025, sie ist ganz von der Elektromobilität her gedacht, soll eine vollständig neue Software-Architektur haben - und "ein radikal neues Niveau von Nachhaltigkeit" aufweisen. Ganz grün eben, so versprechen sie es zumindest. 2030 soll dann die Hälfte der verkauften Autos rein mit Strom fahren.

Er sei nicht sichtbar, dass sich E-Autos überall in der Welt durchsetzen, sagt Zipse

Doch wann auch die andere Hälfte komplett per Strom fährt, darauf legen sie sich nicht fest. Selbst die Frage, ob es jemals dazu kommt, hält der Vorstand rund um Zipse noch nicht für geklärt. Es sei noch nicht sichtbar, ob sich E-Autos mit Batterien überall in der Welt durchsetzen, sagt er. Deswegen halte man schon noch fest an den herkömmlichen Antriebsarten und jenen, die in Deutschland umstritten sind: Wasserstoff und E-Fuels etwa. Beweglich bleiben, heißt die wichtigste Devise.

Das ist ein aufwändiger, teurer Ansatz, gerade für einen nur mittelgroßen Fahrzeugbauer. Aber es ist nicht zu teuer, glauben sie in München. Nach drei Jahren sinkender Gewinne soll es 2021 trotz all der Vorhaben wieder deutlich aufwärts gehen: Die Rendite aus dem laufenden Geschäft soll sich mindestens verdoppeln im Vergleich zum Corona-Jahr. Nur 2,7 Euro blieben im Jahr 2020 von 100 Euro Umsatz hängen, das soll auf etwa sechs bis acht Euro steigen. Getrieben von der starken Nachfrage in China hat der Konzern im Januar und Februar weltweit bereits 25 Prozent mehr Autos verkauft als vor einem Jahr; insgesamt erwarte man ein Plus von zehn Prozent. Im Jahr 2020 verkaufte BMW 2,3 Millionen Autos, der Umsatz belief sich auf 99 Milliarden Euro und der Gewinn auf 3,9 Milliarden Euro.

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