Rechtsextremismus:Sperrstunde im Nazi-Kiez

Rechtsextremismus: "Der organisierte Rechtsextremismus in Dortmund ist in allen Punkten gescheitert", sagt Polizeipräsident Gregor Lange.

"Der organisierte Rechtsextremismus in Dortmund ist in allen Punkten gescheitert", sagt Polizeipräsident Gregor Lange.

(Foto: Odd Andersen/AFP)

Dortmunds Polizeichef Gregor Lange vermeldet Erfolge gegen Neonazis. Die gewaltbereite Szene stehe unter "massivem Kontrolldruck" - bleibe aber gefährlich.

Von Christian Wernicke, Dortmund

Nach Jahren verschärfter Ermittlungen meldet die Dortmunder Polizei erste Erfolge im Einsatz gegen gewalttätige Neonazis und rechtsextreme Kader. "Die Dortmunder Neonazi-Szene ist spürbar geschwächt," sagte Polizeipräsident Gregor Lange am Donnerstag, "sie ist vielleicht so schwach wie seit Jahrzehnten nicht mehr." Die Ruhrgebietsmetropole gilt seit bald vierzig Jahren als eine Hochburg rechtsextremer Umtriebe, den Stadtteil Dorstfeld taufte die Szene noch vor zwei Jahren ihren "Nazi-Kiez". Gregor Lange glaubt, dass diese Zeit vorbei ist. "Der organisierte Rechtsextremismus in Dortmund ist in allen Punkten gescheitert."

Zur Begründung verwies Lange darauf, dass die Zahl rechtsextremer Machtbeweise auf der Straße zurückgegangen sei. Fackelzüge vor Flüchtlingsheimen wie noch 2015 oder Demonstrationen mit Nazi-Sprüchen würden inzwischen vorab von Gerichten verboten - oder bei Verstößen von der Polizei aufgelöst und strafrechtlich verfolgt.

Auch politisch, so die Analyse von Staatsschutz und Polizeiführung, hat die Nazi-Szene, die sich in der Stadt um die Partei "Die Rechte" schart, 2020 Rückschläge erlitten: "Die Rechte" und die NPD stellen im Rathaus statt zwei nur noch einen Stadtverordneten, sie verloren gegenüber 2014 zusammen mehr als ein Drittel ihrer Wähler. Dies, so Lange, sei vor allem ein Erfolg der Dortmunder Zivilgesellschaft.

Ein wichtiger Kopf der Szene hat die Stadt verlassen

Der Polizei wiederum sei es mit ihrer 2015 gegründeten "Sonderkommission Rechts" und einer "Null-Toleranz-Strategie" gelungen, rechtsextreme Straftaten einzudämmen: 84 Intensivtäter seien unter "massiven Kontrolldruck" gesetzt worden, die Zahl der Straftaten der Neonazi-Szene sei innerhalb von fünf Jahren halbiert worden - und bei Gewalttaten von 49 (2015) auf 13 (2020) gesunken, ein Minus von 73 Prozent. Als Erfolg verbucht die Polizei, dass Dortmunder Rechtsextreme seit 2015 zu insgesamt 34 Jahren Haft und mehr als 61 000 Euro Geldstrafe verurteilt wurden.

Polizeichef Lange verwies als Beleg für "die Perspektivlosigkeit" der extremen Rechten auf das Beispiel von Michael Brück: Der langjährige Kopf von "Die Rechte" hatte voriges Jahre die Stadt verlassen und war nach Chemnitz gezogen. In einem Interview hat Brück seinen Wechsel nach Sachsen damit begründet, dass die Dortmunder nicht für seine rechtsextreme Sache zu gewinnen seien: "Da braucht man keine Politik für die Menschen machen", ließ Brück wissen, "weil die nicht zu erreichen sind."

Die Dortmunder Polizei, so Lange, werde ihren Druck auf die Szene fortsetzen. Er verwies auf die Mordanschläge in Halle und Hanau, der Rechtspopulismus bleibe "als Brandbeschleuniger" eine Gefahr. Einzelne Verirrte könnten sich über soziale Medien schnell radikalisieren: "Die Soko Rechts ist in unverminderter Stärke unterwegs."

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