Ikonoklasmus heute:Kopf ins Wasser, Hosen runter

2021; 2021
Büste von Ludwig 2 aus Isar geborgen

Kräfte der Berufsfeuerwehr München am Isarstrand vor der getränkten, dann von ihr geborgenen Büste Ludwigs II.

(Foto: Einsatzführungsdienst/Berufsfeuerwehr München)

Nasser Ludwig in München, Throntoilette in Alabama: Während Hermann Parzinger vor der Zerstörung von Denkmälern warnt, werden Bilderstürmer drastisch.

Von Peter Richter

Eine kupferne Porträtbüste von Ludwig II. musste am Samstag in München aus der Isar geborgen werden. Wie der vierzig Kilogramm schwere Metallkopf des Monarchen von seinem Platz auf der Corneliusbrücke dahin gekommen war, ist die eine Frage, die das Landeskriminalamt nun ermitteln muss. Die andere ist, warum.

Es gab Zeiten, in denen so etwas zuallererst an ein Übermaß an sowohl Augustiner als auch Testosteron hätte denken lassen. Aber diese Zeiten sind nicht erst seit dem Lockdown vorbei. Nach einem Jahr der Denkmalstürze vor allem im angelsächsischen Raum, muss der erste Gedanke auch hier jetzt immer in diese Richtung gehen. Nach der Frage, ob Vandalismus oder Politik, kommt nur gleich schon die nächste: Wenn nämlich letzteres, dann mit welcher Tendenz? Rückwirkender Kampf gegen den Feudalismus oder althergebrachte Homophobie, progressives Statement oder Hate Crime? Beigelegte Manifeste wären hilfreich

Ein Metallthron als Toilette, eine Konföderiertenflagge als Toilettenpapier

Hermann Parzinger hat in dem Zusammenhang ebenfalls am Wochenende ein aufschlussreiches Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur geführt, und zwar nicht so sehr in seiner Funktion als Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, sondern als Fachautor eines Buches über "Kulturzerstörungen vom Alten Orient bis zur Gegenwart". Er zeichnet darin nach, wie die Geschichte kriegerischer Konflikte von einer Geschichte der gezielten Kulturzerstörung begleitet wurde und wird. Nun haben nicht wenige Kunst- und Kulturhistoriker in letzter Zeit ikonoklastische, also bilderstürmerische Akte als kulturelle Setzungen eigenen Rechts interpretiert. Parzinger schien dann aber doch wieder eher als Präsident eines Sammlungsverbundes zu sprechen, wenn er forderte, politisch heute missliebige Denkmäler "nicht beliebig" zu zerstören.

Währenddessen ereignete sich in Alabama eine eher sehr spezifische Zerstörung eines solchen Denkmals: Aktivisten, die sich "White Lies Matter" nennen, hatten von einem Friedhof einen Metallthron gestohlen, der zu einem Denkmal für den Südstaatenpräsidenten Jefferson Davis gehörte. Sie sägten ein Loch hinein und nutzten ihn als Toilette. Und eine Konföderiertenflagge als Toilettenpapier. Von ihnen gab es immerhin ein Manifest. Man habe, schrieben sie, angesichts der rassistischen Geschichte der Südstaaten nicht den Luxus, höflicher zu sein.

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