Tag der Internationalen Provenienzforschung:Plünderern auf der Spur

Provenienzforscher geben Einblicke in ihre schwierige Arbeit

Von Jürgen Moises

Was geschieht mit den in Berlin lagernden Benin-Bronzen? Gehen sie tatsächlich bald an Nigeria zurück oder wird weiterhin endlos über deren Zukunft debattiert? Und wie ist es mit dem "Schatz" des Kunstsammlers Cornelius Gurlitt? War es wirklich rechtens, seine in Schwabing gelagerte Sammlung als mögliche Raubkunst zu beschlagnahmen? Oder wurde hier ein Unschuldiger verfolgt, wie es etwa der Münchner Jurist Johannes Wasmuth behauptet? Zwei populäre Fälle, bei denen die Provenienzforschung eine wichtige Rolle spielt. Geht es dieser doch darum, die wahre Herkunft von Kunstwerken und Kulturgütern wissenschaftlich zu erforschen. Was oft die Voraussetzung dafür ist, dass im Idealfall der noch lebende, rechtmäßige Besitzer sein gestohlenes Gut wiederbekommt.

Das Problem: Für die Provenienzforschung gibt es oft nur wenig Geld. Zudem ist sie meist mit befristeten Verträgen mit Laufzeiten von maximal drei Jahren verbunden. Nicht zuletzt, um auf diese prekäre Situation aufmerksam zu machen, gibt es den "Internationalen Tag der Provenienzforschung", der sich an diesem Mittwoch zum dritten Mal jährt. Auch in München finden an diesem Tag so wie in zahlreichen anderen Städten in Deutschland, Großbritannien, Österreich, der Schweiz und den USA wieder Veranstaltungen statt. Die gesellschaftliche und wissenschaftliche Relevanz der Forschungsarbeit aufzuzeigen und einem breiten Publikum Einblicke in die zugehörigen Methoden zu vermitteln, das gehört ebenfalls zu den Zielen, die sich der dahinter stehende Arbeitskreis Provenienzforschung e.V. gesteckt hat, welcher seit dem Jahr 2000 als internationales Netzwerk existiert.

Was konkret München angeht, da ist der bereits erwähnte Gurlitt-Fall tatsächlich Thema. "Provenienz Gurlitt: Was bedeutet das heute für uns?", heißt eine Onlinepräsentation mit Fragemöglichkeiten, welche die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen von 13 bis 14 Uhr via Zoom veranstalten. Darin sprechen Andrea Bambi und Anja Zechel über verschiedene Gemälde im eigenen Bestand, die in der NS-Zeit von Hildebrand Gurlitt gehandelt wurden. Und sie berichten, wie sie diese als Expertinnen bewerten. Wie die Provenienzforschung an den Staatlichen Archiven in Bayern funktioniert, darüber kann man sich bereits zwischen 10 und 12 Uhr an via Zoom informieren. Nach einer allgemeinen Begrüßung, die um 9.45 Uhr stattfindet.

"Provenienzforschung - was ist das und wie geht das?", lautet der Titel einer offenen Diskussionsrunde im Zentralinstitut für Kunstgeschichte, die sich von 14.30 Uhr online mitverfolgen lässt. Das Haus der Kunst streamt um 17 Uhr ein Online-Seminar mit Sabine Brantl, die darin "Die Künstlerkartei des Hauses der Deutschen Kunst" vorstellt. Das Bayerische Nationalmuseum beschäftigt sich von 18.30 Uhr an mit von den Nazis geplündertem jüdischem Silber, das Museum Fünf Kontinente bietet drei Online-Führungen an und das Lenbachhaus zeigt ein aufgezeichnetes Gespräch mit der Enkeltochter des Kunstsammlers Carl Heumann.

Eine Darstellung des kompletten Programms in München und Bayern sowie die jeweiligen Zugangsdaten ist unter provenienzforschungsverbund-bayern.de zu finden. Eine Liste mit den deutschlandweiten Veranstaltungen gibt es als Download auf der Website www.arbeitskreis-provenienzforschung.org. Und ebenfalls dort kann man sich über das Programm der "Digitalen Jahrestagung des Arbeitskreises Provenienzforschung" informieren, die am 19. und 20. April in Hamburg stattfindet. Mit "Entzug, Transfer, Transit" ist die Tagung überschrieben, mit der gleichzeitig "20 Jahre Arbeitskreis Provenienzforschung" gefeiert werden. Ursprünglich von vier deutschen Forscherinnen gegründet, gehören diesem heute mehr als 300 internationale Wissenschaftler an. Sie alle leisten wertvolle Arbeit, die nach 20 Jahren aber noch immer nicht gebührend gewürdigt wird.

3. Tag der Internationalen Provenienzforschung, Programm unter provenienzforschungsverbund-bayern.de

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