Wladimir Putin:Biden calling

Russlands Präsident fühlte sich von Washington gedemütigt. Mit dem Aufmarsch an der ukrainischen Grenze hat er sich Genugtuung verschafft.

Von Silke Bigalke

Es war ein riskanter Zug von Wladimir Putin. Der russische Präsident hat zwar nicht offen mit Krieg gedroht. Indem er massenhaft Truppen Richtung ukrainische Grenze schickte, hat er ihn aber riskiert. Und wofür? Eine Antwort ist: Putin wollte alle aufschrecken, von Kiew bis Washington. Dort hat Joe Biden nun den Telefonhörer in die Hand genommen und Putin ein Treffen vorgeschlagen. Der Kreml kann das als Erfolg verbuchen.

Natürlich ist es besser, wenn die beiden Präsidenten persönlich miteinander sprechen, anstatt sich aus der Ferne zu beschimpfen. Im Zweifel kann ein direkter Draht zwischen Moskau und Washington Eskalationen verhindern, auch wenn es um die Ostukraine geht. Putin dürfte das Treffen zudem nutzen, um amerikanische Sanktionen und Nord Stream 2 anzusprechen. Und um ein wenig internationales Gewicht zurückzugewinnen.

Wird er nun also für sein Säbelrasseln belohnt? Für den Kreml schien ohnehin ausgemacht, dass er durch seine Drohgebärde mehr gewinnt als verliert. Putin fühlt sich von Washington gedemütigt, von Kiew provoziert, im Ukraine-Konflikt festgefahren, von Europa isoliert. Egal, ob diese Empfindungen gerechtfertigt sind oder nicht. Sie sind gefährlich. Ein neuer Krieg war wohl nicht Putins Ziel. Er wollte aber zeigen, dass er zum Angriff bereit wäre. Ein Bluff war das nicht.

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