Stadtwerke München:Ein Minus bei der sicheren Bank

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Wegen der Pandemie verzögerte sich auch die Sanierung der Gas- und Dampfturbinenanlage im Heizkraftwerk Süd. Sie soll nun dieses Jahr abgeschlossen werden. (Foto: Robert Haas)

Das Rathaus muss auf die gewohnte Finanzspritze für den Haushalt verzichten: Von den SWM kommen nur fünf statt der üblichen 100 Millionen Euro.

Von Heiner Effern, München

Die Stadtwerke München (SWM) haben im Pandemiejahr 2020 einen Verlust von 152 Millionen Euro hinnehmen müssen. Im Jahr davor hatten sie noch einen Gewinn von 116 Millionen Euro ausgewiesen. Die Stadt muss deshalb auf die gewohnte Finanzspritze für ihren Haushalt, die in guten Jahren die SWM aus ihrem Überschuss überweisen, fast komplett verzichten. Nur fünf Millionen statt der üblichen 100 Millionen werden laut Stadtwerke beim Kämmerer ankommen. Die roten Zahlen führen sie auf die Corona-Krise zurück, diese habe sie "wirtschaftlich hart getroffen", heißt es in einer Mitteilung zur Konzernbilanz 2020. Angesichts der Umstände zeigte sich Geschäftsführer Florian Bieberbach aber zufrieden. "In meinen Augen haben die SWM den Stresstest voll bestanden", erklärte er.

Stark gesunkene Fahrgastzahlen bei einem - politisch gewünschten - vollen Angebot im öffentlichen Nahverkehr, geschlossene oder stark reduziert geöffnete Bäder, gefallene Energiepreise, all dies habe in der Pandemie zu Verlusten geführt, erklärten die Stadtwerke. Die wären nach eigenen Angaben noch deutlich höher ausgefallen, wenn sie nicht selbst ein Sparprogramm durchgezogen hätten. Das brachte durch Verschieben von Maßnahmen und Projekten und weniger Nachbesetzungen von freien Stellen etwa 40 Millionen Euro. Eine noch deutlich höhere Summe erhielten die SWM als Zuschuss vom Bund. Dieser glich die Verluste der Kommunen im öffentlichen Nahverkehr mit einem Rettungsschirm aus, von dem 140 Millionen Euro nach München gingen. Auf diese Weise gelang es den Stadtwerken, das operative Ergebnis, also ihr laufendes Geschäft, positiv zu gestalten. Sie erwirtschafteten hier immer noch einen Gewinn von 414 Millionen Euro.

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Endgültig in die Miesen drückte den SWM-Konzern sein Geschäft mit Gas und Öl. Aufgrund der fallenden Nachfrage in der vom Coronavirus ausgelösten Wirtschaftskrise habe man den Wert von Beteiligungen nach unten korrigieren müssen, erklärten die SWM. Und zwar in Höhe eines dreistelligen Millionenbetrags. Dieser Verlust dürfte auf das Konto des Unternehmens Spirit Energy gehen, in dem die Stadtwerke zusammen mit dem britischen Konzern Centrica ihr Gas- und Ölgeschäft gebündelt haben. Angaben im Detail machen die SWM zu solchen Wertberichtigungen nicht. Bekannt ist aber zudem, dass der Partner seine Anteile verkaufen möchte. Ob und wie lange die Münchner konkret an der Firma festhalten wollen, dazu ist nichts bekannt. Grundsätzlich wollen sich die SWM aus dem Geschäftsbereich zurückziehen, wenn sie kein Gas mehr für die Umstellung der städtischen Strom- und Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien mehr benötigen.

Unabhängig davon erreichten die Investitionen der Stadtwerke 2020 trotz Pandemie eine enorme Höhe. Obwohl der Kauf von neuen Fahrzeugen für den öffentlichen Nahverkehr und Bauprojekte hinterfragt und teils zurückgestellt wurde, gaben sie für eine bessere Infrastruktur 1,23 Milliarden Euro aus, das sind 317 Millionen mehr als im Vorjahr 2019. Dabei verzögerte sich die Sanierung der Gas- und Dampfturbinenanlage im Heizkraftwerk Süd wegen der Pandemie und soll nun dieses Jahr abgeschlossen werden. Der Konzernumsatz brach 2020 im Vergleich zu 2019 massiv ein, von 10,7 auf 7,5 Milliarden Euro. Das Jahr 2019 sei wegen der hohen Umsätze im Gasgeschäft aber ein Ausreißer nach oben gewesen und die Summe habe sich nun wieder normalisiert, teilten die SWM dazu mit.

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Für das laufende Jahr zeichnen sich bereits wieder deutlich spürbare Einbrüche im öffentlichen Nahverkehr ab, die ohne einen erneuten Rettungsschirm des Bundes kaum aufzufangen sein dürften. Schon 30 Millionen Euro an zusätzlichen Verlusten habe die Corona-Krise bis jetzt verursacht, meldeten die Stadtwerke. Auch dieses Jahr kommt ihre betroffene Tochter, die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), dem Wunsch der Politik nach, für mehr Abstände in den Fahrzeugen fast das volle Programm anzubieten, obwohl die Fahrgäste zu einem großen Teil ausbleiben. Das sei "auf Dauer von den SWM nicht zu finanzieren", weist die Konzernspitze auf eine der großen Gefahren für das Ergebnis 2021 hin. Das Sparprogramm werde auch deshalb auf dieses Jahr ausgeweitet. Bei den Investitionen in den Klimaschutz wollen die SWM nicht streichen oder schieben. Mit dem Ausbau von erneuerbaren Energien wollen sie bis 2025 so viel Ökostrom produzieren wie ganz München benötigt. "Dieses Ziel soll dauerhaft Bestand haben."

Konzernchef Bieberbach verwies darauf, dass die Stadtwerke auch in der Corona-Krise "ihrer Verantwortung auch und gerade unter schwierigsten Bedingungen gerecht" geworden und so weiter ein verlässlicher Partner der Münchner Bürger gewesen seien. Das sei nicht zuletzt ein Verdienst der etwa 10 000 Beschäftigten.

© SZ vom 20.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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