Tassilo:Zwei Jungs mit Gitarren im Arm

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Haben sich in den vergangenen zwei, drei Jahren bereits einen Namen in der jungen Münchner Musikszene gemacht: Fabian Fremuth (links) und Vitus Lindbüchl alias "Twice as Mad". (Foto: Twiceasmad)

Kandidaten für den SZ-Kulturpreis: Fabian Fremuth und Vitus Lindbüchl pflegen als Duo "Twice as Mad" einen lässigen Indie-Pop-Stil, der auch dank kluger Texte das melancholisch-heitere Lebensgefühl junger Erwachsener transportiert.

Von Franziska Gerlach, Taufkirchen/Grünwald

Wenn es so etwas wie einen Wendepunkt gegeben hat in der Geschichte von Twice as Mad, einen Moment, von dem an sie die Musik ernsthaft angingen, dann war das im Winter vor zwei Jahren, als ihr Song "Raucherbereich" erschienen ist. Fabian Fremuth und Vitus Lindbüchl, beide aktuell 21 Jahre alt, beschreiben in diesem Song ein Gefühl, das sich so wohl nur am Münchner Ostbahnhof, einem besonderen Transitort, einstellen kann.

In diesen manchmal viel zu langen, manchmal viel zu kurzen Minuten vor Anbruch des Tages, wenn man auf dem Bahnsteig auf die S-Bahn wartet. Im Kopf noch immer das ferne Dröhnen der Bässe, im Blut noch immer die Endorphine einer durchfeierten Nacht. Es ist ein Song, den nur schreiben kann, wer tatsächlich einmal bei einer letzten Zigarette im Raucherbereich gesessen hat. Lässiger Indie-Pop mit einem klugem Text, ein Song, der dem Duo einen Live-Auftritt in einem österreichischen Radiosender verschaffte. Der ihnen Fans brachte, Auftritte auf größeren Bühnen. Mit richtig viel Wumms.

Man mag es in Zeiten abendfüllender Casting-Sendungen und Musikshows kaum für möglich halten: Vitus Lindbüchl und Fabian Fremuth sind eine organisch gewachsene Band, sie spielen beide mehrere Instrumente, und haben vermutlich auch deshalb ein so sicheres Gespür dafür, wie man eine Ukulele mit einem Synthesizer zusammenbringt - so sehen das offenbar auch die Verantwortlichen des Nachwuchsband-Wettbewerbs "Running for the Best", der vom Kreisjugendring München-Land organisiert wird, und bei dem Twice as Mad in diesem Jahr das Finale erreicht hat.

Vitus Lindbüchl kommt aus Grünwald, Fabian Fremuth aus Taufkirchen, wo sie dieselbe Realschule besuchten, aber nie viel miteinander zu tun hatten, so erzählen es der Schreiner und der Student der Politikwissenschaft gerade in eine Handykamera.

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Das ändert sich, als Lindbüchl bei einer Party zur Gitarre greift und Fremuth ihn anspricht, weil er eben auch Musik mache, nur eben am Computer. "Los ging es mit Pizza-Abenden, bei denen man zusammen was gespielt hat", sagt Lindbüchl.

Im Blasmusikkeller seines Vater in Grünwald tasten sie sich heran an den Sound von Twice as Mad, gleichen Vorstellungen ab und entwickeln Ideen, schreiben Texte über jene Dinge, die junge Leute beschäftigen, zuletzt vor allem über die Liebe. "Vielleicht nie" heißt ihr aktueller Song, es klingt darin jene Ungewissheit an, die ihre Wucht bevorzugt dann entfaltet, wenn zwei sich anziehen, aber irgendwie doch nicht zueinander bekennen wollen. Ein altes Thema - erfrischend anders aufbereitet.

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Bei Lindbüchl und Fremuth darf die Liebe leicht sein und energiegeladen, das Bild vom klampfenden, larmoyant-einsamen Trauerkloß mit der Sehnsucht in der Stimme, das passt nicht, mal ganz abgesehen davon, dass hier beide Gitarre spielen und singen.

Am Anfang wollte keiner singen, jetzt singen beide

"Am Anfang wollte keiner singen, dann habe ich gesungen, dann der Fabi, jetzt singen wir beide", erklärt Vitus Lindbüchl. So einfach ist das, wenn man als Team funktioniert. Wenn man sich mehrmals pro Woche zum Proben trifft. Wenn man sich kennt, richtig gut kennt. "Ich muss nur mit dem linken Ohr wackeln, und dann weiß der Fabi, ich will ein Solo spielen."

Lindbüchl lernte als Kind Waldhorn, Trompete und Posaune, Fremuth erstellte elektronische Musik am Computer - das Gitarrespielen aber brachten sich beide selbst bei. Am Schlagzeug kommt manchmal noch die Münchnerin Mia Cerno dazu. Als Twice as Mad singt das Duo zunächst auf Englisch, später wechseln sie ins Deutsche, weil Worte in der Muttersprache einfach mehr berührten.

Auch ihre Texte schreiben sie gemeinsam, manchmal geht es schneller, manchmal dauert es, auf Teufel komm raus versuchen sie es aber nie. "Die richtig guten Songs sind die, die sich quasi von selbst schreiben", sagt Fremuth. Und für bare Münze dürfe man im Übrigen auch nicht alles nehmen, da sei auch immer Ironie dabei.

Zehn Songs sind mittlerweile entstanden, drei weitere haben sie "in der Pipeline". "Erst zusammen wird ein Song richtig gut", sagt Lindbüchl. Solokünstler? Das wäre nichts für ihn. Er federt hoch, gibt den Blick frei auf das Zimmer, das er seit einigen Monaten in der Nähe der Donnersbergerbrücke in München bewohnt.

Auf dem Boden stehen weiße Sneaker, am Fenster ein Tisch, darauf Klamotten. Sie hielten nichts davon, sich zu verstellen, da ziehe man nur Leute an, die nicht zu einem passten. Ihren Instagram-Account füllen sie mit Alltagsszenen, zwei ganz normale Jungs mit Gitarren im Arm, im Mundwinkel schon mal die Zigarette, die nach dem freien Künstlerleben schmeckt.

Wer sich allerdings auf der Homepage ( www.twiceasmad.de) umsieht, der wird schnell merken, wie gut die jungen Männer verstanden haben, dass eine Musikerkarriere nicht vom Himmel fällt. Und etwas Marketing dazu gehört: Mützen, Kappen und T-Shirts mit dem Logo gibt es dort, das eine Mitschülerin einst im Englischunterricht zeichnete.

Auch über sich selbst hat sich das Duo auf seiner Internetseite Gedanken gemacht: "Wäre twiceasmad ein Partygast, dann wären sie der Fremde mit dem Kuba in der Hand, mit dem man viel lachen und ausrasten kann und trotzdem auch draußen bei ein oder zwei Kippen ernst reden kann."

Zu ernst soll es in Zukunft im Übrigen nicht werden. Lieber wollen sie Musik machen, die "voll draufdrückt", zu der man sich bewegen will, die Lust aufs Tanzen macht. Man wird sich ja wohl noch gut fühlen dürfen.

Bis zum 30. April haben Leserinnen und Leser noch Zeit, unter tassilo@sz.de weitere Kandidaten-Vorschläge zu schicken.

© SZ vom 21.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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