Totes Mädchen in Betonschacht:Gericht spricht angeklagten Vater vom Mordvorwurf frei

Jugendliche getötet - Mordprozess gegen Vater beginnt

Der 46-jährige Angeklagte wird von Polizisten in den Gerichtssaal geführt.

(Foto: dpa)

Die Kammer in Aschaffenburg ist nicht überzeugt, dass der Mann seine Tochter tötete und in einem Betonschacht versteckte. Wegen einer Messerattacke auf den Freund der damals 19-Jährigen muss der Angeklagte aber in Haft.

Im Prozess um den Mord an der Berufsschülerin Mezgin N. aus Aschaffenburg ist der angeklagte Vater Hashem N. am Donnerstag freigesprochen worden. Verurteilt wurde der 46-Jährige vom Landgericht Aschaffenburg hingegen dafür, dass er den Freund seiner Tochter Mezgin 2017 mit einem Messer attackiert hatte, um ihn zu töten. Für acht Jahre und neun Monate muss Hashem N. nun in Haft. Zudem muss er 6000 Euro Schmerzensgeld an das Opfer zahlen.

Die Kammer sei nicht überzeugt, dass der 46-Jährige im Mai 2017 seine Tochter tötete, sagte der Vorsitzende Richter Sebastian Geis in seiner Urteilsbegründung. Zwar habe der ein Motiv gehabt, außerdem neigte er zu Todesdrohungen. Es sei aber nicht Aufgabe der Kammer, den zu verurteilen, der am wahrscheinlichsten der Täter sei.

Der Prozess gegen Hashem N. wegen Mordes und versuchten Mordes sowie gefährlicher Körperverletzung hatte im März in Aschaffenburg begonnen. Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, 2017 seine Tochter von der Berufsschule abgeholt, weggefahren und erstochen zu haben, um seine Ehre wiederherzustellen. Dem 46-Jährigen soll die offene Lebensweise seiner Tochter missfallen haben.

Für eine Verurteilung wegen Mordes fehlten am Ende laut Gericht die Beweise. Auch Staatsanwaltschaft Jürgen Bundschuh hatte bereits am Mittwoch in seinem Plädoyer betont: Wenn er nur feststellen könne, dass der Angeklagte mit dem Tod seiner Tochter etwas zu tun habe, rechtfertige das keinen Schuldspruch. Der genaue Tatort, die Tatzeit und auch die Todesursache blieben im Dunkeln. Der Anwalt von Hashem N. hatte einen Freispruch von allen Vorwürfen beantragt und die Aussage des Freundes von Mezgin N. vor Gericht angezweifelt. Dieser hatte dem Gericht eine zehn Zentimeter lange Narbe am Hals gezeigt. Jene hätte er sich aberauch selbst zufügen können, sagte der Verteidiger.

Mezgin N. war 2015 mit ihrer Familie aus dem Bürgerkriegsland Syrien nach Deutschland gekommen. Ihr Alter zum Todeszeitpunkt wird auf 16 bis 19 Jahre geschätzt. Während des Prozesses kamen verstörende Details zur Sprache. So hatte der Vater geglaubt, er habe das Recht, seine Tochter zu schlagen. Während des gesamten Prozesses hatte er geschwiegen. Am letzten Tag sagte er zum Vorwurf der Attacke auf den Freund seiner Tochter: "Wenn ich an diesem Tag da gewesen wäre, hätte ich ihn bestimmt getötet."

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War es der Vater von Mezgin N., der seine Tochter 2017 mit dem Auto von der Berufsschule abgeholt, weggefahren und ermordet hatte? So lautet die Anklage, doch der Prozess fördert kaum Beweise zutage.

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