Die blitzschnelle Lieferung von Lebensmitteln ist zum Geschäftsmodell der Pandemie geworden. Neue Lieferdienste wie Gorillas oder Flink versprechen, Waren innerhalb von zehn Minuten bis an die Haustür zu bringen. In München und anderen Großstädten drängen immer mehr Start-ups auf den Markt, die Supermarktwaren zustellen, je schneller desto besser. Die Newcomer machen allen Konkurrenz, die schon länger Online-Handel für Nahrungsmittel anbieten, wie der Lieferservice von Rewe, Bringmeister von Edeka oder Amazon Fresh. Hinzu kommen junge Lieferanten biologischer und regionaler Lebensmittel, die Gemüse und Fleisch direkt vom Erzeuger vermarkten.
Jahrelang zeigten die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland den Angeboten von Online-Lebensmittelhändlern die kalte Schulter und kauften Fleisch und Gemüse lieber im Supermarkt oder beim Discounter um die Ecke. Jetzt sollen sie sich plötzlich beliefern lassen - zu Kampfpreisen von 1,80 Euro, ein Klick und schon steht der Radelbote vor der Tür? "Die Bereitschaft von Konsumentinnen und Konsumenten, Lebensmittel online zu kaufen, war bereits vor der Coronapandemie deutlich erhöht. Doch mit dem ersten Shutdown haben die Bestellungen schlagartig zugenommen", sagt Eva Stüber, Mitglied der Geschäftsleitung beim Institut für Handelsforschung (IFH) Köln. "Das lockt viele neue Player an."
Warum sollte Onlinehandel mit Lebensmitteln nicht funktionieren? Mit Kleidung und Schuhen klappt es ja auch, obwohl es anfangs hieß: das muss man erst anprobieren. Nur ist das Geschäft mit frischen Lebensmitteln komplizierter. Die Margen sind klein, vieles muss gekühlt werden, ein Paketversand mit DHL oder Hermes ist nicht möglich. Und doch wächst das Geschäft rasant.
Noch gibt es nur Hochrechnungen für 2020, aber die lassen aufhorchen: "Der Online-Handel mit Lebensmitteln hatte Zuwachsraten von bis zu 70 Prozent", sagt IFH Köln-Expertin Stüber. "Der Onlineanteil wird die Zwei-Prozent-Marke knacken." 2019 lag der Anteil des Liefergeschäfts am gesamten Lebensmittelhandel nur bei 1,4 Prozent. Das sieht erst einmal bescheiden aus. Allerdings werden in Deutschland mit Lebensmitteln 226 Milliarden Euro im Jahr umgesetzt. Zwei Prozent davon sind eine Menge Geld - gut 4,5 Milliarden. Also drängen die neuen Schnelllieferanten in die Großstädte, wo sich auf engem Raum viele zahlungskräftige und bequeme Kunden finden lassen.