Abgasaffäre:Eine Behörde im Diesel-Dunst

25 03 2019 xkvx Wirtschaft Volkswagen Werk Wolfsburg Zentrale Hochaus Konzernzentrale Auspuff

Ausgerechnet mit dem Volkswagen-Konzern selbst stimmten sich die deutschen Behörden in der Anfangszeit der Abgasaffäre ab.

(Foto: Jan Huebner/Voigt/imago images)

Bislang geheime Abgasskandal-Akten zeigen, wie schwer sich das Verkehrsministerium anfangs mit der Aufklärung der Affäre tat - und wie eng die Zusammenarbeit ausgerechnet mit VW war.

Von Markus Balser, Berlin

Die Vorwürfe aus den USA gegen VW im Abgasskandal waren im Herbst 2015 erst ein paar Tage bekannt, da wollte es auch das Verkehrsministerium genauer wissen. Das Ressort bat bei den Ermittlern der US-Umweltbehörde EPA, die den Skandal aufgedeckt hatten, um ein baldiges Gespräch. Doch nach der Schalte hatten die US-Ermittler offenbar Zweifel, ob die Sache auf deutscher Seite auch wirklich mit vollem Nachdruck verfolgt werden würde.

Man könne die deutschen Behörden nur wie besprochen "ermutigen", sich die US-Daten auf der Webseite genauer anzusehen, schickte ein EPA-Mitarbeiter am 24. September 2015 nach einer Konferenz per Mail hinterher. Es sei übrigens wichtig, die Autos nicht nur im vorgeschriebenen EU-Abgas-Testverfahren zu prüfen, stellten die Amerikaner sicherheitshalber noch klar, sondern auch in anderen Verfahren, um die "echten" Emissionen zu erfahren. Denn die, fanden die US-Prüfer heraus, lagen teils um den Faktor 40 über denen auf dem Prüfstand.

So geht es aus bislang geheimen Unterlagen der Regierung zum Abgasskandal hervor. Dass Mails und Protokolle wie diese am Freitag öffentlich wurden - fünfeinhalb Jahre nach Beginn der Affäre - ist der Endpunkt eines jahrelangen Rechtsstreits um Transparenz in einem der größten deutschen Industrieskandale überhaupt. Insgesamt zwölf Verfahren führte die Deutsche Umwelthilfe (DUH), um bislang geheime Akten im Abgasskandal zu erhalten und veröffentlichen zu dürfen. Auf einer Pressekonferenz stellte DUH-Chef Jürgen Resch diese am Freitag vor. Es geht um den Schriftverkehr des Verkehrsministeriums im ersten halben Jahr der Affäre.

Teils suchten die Behörden sogar die Abstimmung mit VW

Völlig neue Erkenntnisse liefern die weit über 1500 Seiten Material nicht. Doch sie dokumentieren, wie schwer sich die Behörden mit der Aufklärung taten. Teils suchten das Verkehrsministerium - damals noch unter der Führung von Alexander Dobrindt (CSU) - und das Kraftfahrtbundesamt in der Affäre sogar die Abstimmung mit VW. So heißt es noch Mitte Oktober 2015 in internen Akten, eine Sprachregelung zu einem Bescheid des Kraftfahrtbundesamtes an VW sei mit der Konzernseite "abgestimmt". Die DUH kritisiert, dem Ministerium sei also schon in der Anfangsphase des Skandals die "Illegalität der Abschalteinrichtungen in Millionen Diesel-Pkw bekannt" gewesen. Sie habe es jedoch vermieden, das auch klar zu benennen. Behörden hätten es den geschädigten Pkw-Besitzern so über Jahre hinweg erschwert, "ihre Rechte durchzusetzen".

VW weist die Vorwürfe zurück. Die Papiere zeigten, wie aufwendig offene Fragen zwischen Behörden und Volkswagen geklärt worden seien, teilt der Konzern mit. Auch das Bundesverkehrsministerium weist den Vorwurf zurück, zu eng mit VW kooperiert und Kunden im Stich gelassen zu haben. In keinem anderen Mitgliedstaat der EU seien in der Abgasaffäre so weitreichende Konsequenzen gezogen worden wie in Deutschland, erklärt das Ministerium. Es habe Transparenz durch den Rechtsstreit um die Unterlagen nicht verhindern wollen. Das Verkehrsministerium habe sich durch "Bestimmungen des Umweltinformationsgesetzes" schlicht daran gehindert gesehen, die Unterlagen herauszugeben.

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