Trophäenjagd:Zwischen legitimer Politik und Einmischung

Lesezeit: 3 min

Soll sich deutsche Politik in afrikanische Jagdgebote einmischen? Die Grünen haben ein Verbot der Trophäenjagd im Programm, das begrüßen Natur- und Tierschutzverbände, aber es gibt auch Gegenstimmen.

Zu " Wildern im fremden Revier" vom 13. April:

Gefahren durch Wilderei

So sehr ich für einen Teil grüner Forderungen Sympathie hege, so ist aber auch festzustellen, dass die im Grundsatzprogramm erhobene Forderung nach Unterbindung der Trophäenjagd (im Ausland) wohlfeil ist. Natürlich kann man damit Wähler ansprechen, die der Jagd distanziert bis ablehnend gegenüberstehen, deren naturkundliches Wissen sich aber auf die Trivialarten am winterlichen Vogelhäuschen auf dem Balkon beschränkt.

Die Direktorin der Nacso hat in ihrem Brief an die Grünen die Situation im südlichen Afrika umfassend dargestellt. Natürlich hat Afrika in Teilen einen dramatischen Rückgang an Wildtieren erfahren, in anderen Teilen sind sie aber noch in reichem Bestand vorhanden und bereiten je nach Art und Größe zum Teil erhebliche Probleme in der Landwirtschaft und sind auch immer wieder eine tödliche Gefahr für Menschen. Aber darüber hinaus sind sie dort, wo nachhaltig und ordnungsgemäß gejagt wird, auch eine wichtige Einnahmequelle für den ländlichen Raum und haben somit einen Wert (!) für die Menschen vor Ort und sind nicht nur diejenigen, die ihnen nachts die Maisfelder platttrampeln oder die Ziegen aus dem Kral holen - das ist zumindest in der Relation schon deutlich anders als bei uns.

Eine geordnete Nutzung (ein blutiges Giraffenherz zum Valentinstag gehört nach meinem Geschmack nicht zwingend dazu) ist keine Gefahr für die Wildbestände - im Gegenteil. Existenzielle Gefahren drohen durch Wilderei auf der Suche nach teuer gehandelten Körperteilen bedrohter Tierarten für sogenannte medizinische Zwecke oder sonstigen Hokuspokus - eines der ganz großen Schlachtfelder global organisierter Kriminalität - mit Jagd nicht zu verwechseln!

Joachim Menzel, Auetal

Eliten profitieren von der "Ressource Wildtier"

Der Artikel redet Argumenten der Jagdlobby das Wort. Eine unvoreingenommene Recherche hätte schnell zutage gefördert, dass der Aufhänger des Artikels, der "Brandbrief" einiger Gemeindevertreter aus dem südlichen Afrika, gut erkennbar Teil einer von der Jagdlobby orchestrierten PR-Kampagne ist. In Deutschland wurde der Brief von zwei Jagdverbänden an die Presse gespielt, in Großbritannien und den USA, wurden vergangenes Jahr fast identische Schreiben lanciert. Behauptungen, die der Artikel zur Rechtfertigung der Großwildjagd anführt, halten einem Faktencheck nicht stand: So ist es zum Beispiel nicht wahr, dass keine bedrohten Arten zum Abschuss freigegeben würden oder Elefanten sich "unkontrolliert vermehrt" hätten und man sie abschießen müsse, weil wachsende Bestände Menschen bedrohen. Tatsache ist, dass viele bei Großwildjägern begehrte Tiere, darunter Elefanten, Löwen, Leoparden und Geparde auf der Roten Liste bedrohter Arten der IUCN stehen, weil ihre Bestände dramatisch abgenommen haben. Für afrikanische Savannenelefanten hat die Weltnaturschutzunion den Gefährdungsstatus gerade hochgestuft, und letzte offizielle Zählungen geben auch für Botswana einen rückläufigen Bestand an, keine Zunahme.

Da passt es nur ins Bild, dass die Autorin wissenschaftliche Studien, die die negativen Auswirkungen der Trophäenjagd auf Wildtierbestände belegen, völlig unter den Tisch fallen lässt. Geradezu absurd ist es unserer Meinung nach, Forderungen nach einem Ende der Trophäenjagd als Neokolonialismus zu bezeichnen. Die Trophäenjagd geht nicht nur auf die Kolonialzeit zurück, sie hält bis heute koloniale Strukturen von Ausbeutung und Ungleichheit aufrecht und ermöglicht es - oft ausländischen - Eliten, von der "Ressource Wildtier" zu profitieren.

Zahlreiche Berichte entlarven Behauptungen, die Trophäenjagd diene dazu, die Armut zu bekämpfen, Entwicklungschancen zu schaffen und gleichzeitig bedrohte Arten zu retten, als Greenwashing: Denn die Einnahmen für die Landbevölkerung aus der Jagd sind nachweislich oft so gering, dass sie keinen ausreichenden Anreiz bieten, Wildtiere und Ökosysteme zu erhalten. Durch menschliches Handeln sind heute mehr Arten von der Ausrottung bedroht als jemals zuvor, Wissenschaftler haben die direkte Ausbeutung von Tieren, einschließlich der Jagd, als eine der Hauptursachen identifiziert.

Die Trophäenjagd ist nicht zeitgemäß und kann in einer aufgeklärten, zukunftsfähigen Gesellschaft keine Unterstützung finden .

Daniela Freyer, Pro Wildlife, Florian Schöne, Deutscher Naturschutzring, Sylvie Kremerskothen Gleason, HSI Europe , Heike Henderson, Future for Elephants, Rüdiger Jürgensen, Vier Pfoten , stellv. für 14 Umwelt- und Tierschutzverbände

Enge Sicht der Grünen

Der Brief aus Südafrika an die Grünen in Berlin wegen der Aufnahme eines Verbotes der Trophäenjagd in ihr Grundsatzprogramm zeigt exemplarisch, wie innenbezogen das politische Denken der Grünen ist. Dies gilt auch für andere weltweite Probleme, wie Klimaschutz, Energieversorgung oder auch die Verteidigung unserer freiheitlichen Lebensweise. Diese werden nur in der Innensicht wahrgenommen, entsprechend sind deren politische Forderungen. Mir kommt der grüne Glauben so vor, als ob genannte Probleme verschwänden, wenn wir sie in Deutschland gelöst hätten. Dazu gehört die Tendenz zu Verboten, die für das höhere Ziel legitimiert wären. Wie das Ganze global gelöst werden könnte, dazu herrscht bisher grünes Stillschweigen.

Norbert Vollmeyer, Aschau am Inn

© SZ vom 27.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: