Lenggrieser Politik:Lieber nutzen statt hegen

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Brauneckgemeinde lehnt einen Beitritt zum neuen Landschaftspflegeverband vorerst ab

Von Petra Schneider, Lenggries

Die Brauneckgemeinde Lenggries tritt dem vom Kreistag angestoßenen Landschaftspflegeverband (LPV) "zum jetzigen Zeitpunkt" nicht bei. Ein Bedarf werde nicht gesehen, das Thema könne aber "zu gegebener Zeit" erneut diskutiert werden, lautet der Beschluss, der am Montag mit 20 zu vier Stimmen gefällt wurde.

Der Gemeinderat entschied auf Basis einer Umfrage unter Landwirten, die überraschend deutlich ausgefallen war: Nur zwei der Befragten sprachen sich für einen Beitritt aus, 78 dagegen. Landschaftspflegeverbände sind gemeinnützige Vereine, die gleichberechtigt mit Vertretern aus Landwirtschaft, Naturschutz und Kommunen besetzt sind. Ein Ziel ist der Erhalt einer artenreichen Kulturlandschaft. Landwirte bekommen Unterstützung etwa bei der Beantragung von Fördergeldern. Sie können umgekehrt dem LPV Maschinen oder Arbeitskraft zur Verfügung stellen und so zusätzliche Einkünfte erzielen. Im Fokus stehen landwirtschaftliche Flächen, die nicht bewirtschaftet werden, Maßnahmen sind freiwillig.

Bereits in der Märzsitzung hatte der Gemeinderat auf Antrag der Grünen über den LPV beraten, die Entscheidung allerdings vertagt, weil Landwirte Informationsdefizite beklagt hatten. Die Verwaltung hatte daraufhin Informationsseiten zusammengestellt und einen Fragebogen erarbeitet, der an 110 Landwirte geschickt wurde. 79, also fast Dreiviertel, haben ihn beantwortet, "das ist ein sehr guter Rücklauf", sagte Geschäftsleiter Tobias Riesch. Die Teilnehmer, 41 Vollerwerbslandwirte und 38 im Nebenerwerb, hätten sich offensichtlich gründlich mit der Thematik befasst und ihre Entscheidung teils auf mehreren Seiten begründet. Die meisten gaben an, dass sie keinen Bedarf für einen Beitritt sehen. Sie befürchten zusätzliche Bürokratie oder sogar eine "schleichende Enteignung" durch immer mehr Vorgaben. Mehrfach hätten Landwirte angegeben, dass sie "kein Vertrauen in Naturschutzverbände" hätten, sagte Riesch. Zudem waren die meisten der Meinung, dass es bereits Dienstleister wie den Maschinenring gebe, die sie unterstützen. Auf ihren Flächen sah eine deutliche Mehrheit zudem kein Betätigungsfeld für den Verband.

Bürgermeister Stefan Klaffenbacher (FWG) dankte den Landwirten für ihr großes Interesse. "Sie waren froh, dass sie gefragt wurden" - diese Rückmeldung habe er öfters bekommen. Im Gemeinderat gab es auch enttäuschte Reaktionen. Dass das Votum so deutlich ausgefallen sei, "hat mich überrascht", sagte Roman Haehl (Grüne). Er halte einen LPV, der Naturschutz und Landwirtschaft zusammenbringe, für sinnvoll. Den Grünen sei wichtig, dass das Thema nun nicht komplett vom Tisch sei, sondern "in zwei, drei Jahren" erneut diskutiert werde. Sabine Gerg (SPD) zeigte sich überrascht, dass einige Landwirte fehlendes Vertrauen in die Naturschutzverbände angegeben hätten. Der LPV definiere sich doch gerade als Zusammenschluss "auf Augenhöhe". Dass eine große Gemeinde wie Lenggries, die sich mit 5000 Euro jährlich beteiligen müsste, nun nicht dabei sei, sei schade. Josef Wasensteiner (CSU) verwies indes auf die Strukturen im Isarwinkel, die anders seien als im Nordlandkreis. Die meisten Flächen würden bewirtschaftet, "Landwirte wollen sie nutzen und nicht nur pflegen".

© SZ vom 28.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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