Wetten mit Hypothekenpapieren:Deutsche Bank im Visier der Fahnder

Hat die Deutsche Bank US-Sparern Wertpapiere angedreht und zugleich auf deren Wertverfall gewettet? Die amerikanische Finanzaufsicht ermittelt.

M. Koch, New York

Die Deutsche Bank ist ins Visier der amerikanischen Finanzaufsicht geraten. Die Kontrolleure gehen dem Verdacht nach, dass das Kreditinstitut Vorschriften verletzt hat, indem es seinen Kunden spekulative Hypothekenpapiere angedreht und gleichzeitig auf einen Wertverfall der Anlagen gewettet hat. Die gleichen Vorwürfe werden auch gegen US-Großbanken erhoben, darunter Goldman Sachs und Morgan Stanley.

Wetten mit Hypothekenpapieren: Im Visier der amerikanischen Finanzaufsicht - die Deutsche Bank.

Im Visier der amerikanischen Finanzaufsicht - die Deutsche Bank.

(Foto: Foto: ddp)

Die Frage, die die Kontrolleure klären müssen, ist, ob es sich um Verstöße gegen die Vorschriften der Wertpapiergesetze oder schlicht um ein vernünftiges Risikomanagement handelte. Die Ermittlungen werden nach Informationen der Tageszeitung New York Times von der Börsenaufsicht SEC und der Wertpapierkontrollstelle Finra geleitet. Auch der Kongress in Washington beschäftigt sich mit den Vorwürfen.

Kontroverse um Goldman

Die Ermittler wollten sich bisher zu dem Fall nicht äußern. Die Deutsche Bank und Morgan Stanley verweigerten am Sonntag ebenfalls eine Stellungnahme. Einzig Goldman Sachs erklärte, entsprechende Vorgänge und Zusammenhänge seien den Investoren wohlbekannt. Oftmals hätten die Banken die Papiere zur Absicherung anderer Positionen genutzt.

Goldman wurde bereits im Sommer mit den Vorwürfen konfrontiert. Damals tobte eine Kontroverse um das Geschäftsgebaren der Investmentbank und die hohen Rücklagen für Boni ihrer Mitarbeiter, die sie inmitten der scharfen Rezession anhäufte.

Geschäfte mit Wertpapieren, die aus amerikanischen Hypotheken zusammengesetzt sind oder den Immobilienmarkt in anderer Form widerspiegelten, stehen im Zentrum der globalen Finanzkrise. Mehrere Millionen Amerikaner haben sich überschuldet und können ihre Immobilienkredite nicht zurückzahlen. Die Hypothekenpapiere verloren daher massiv an Wert. Einzelne von ihnen stürzten nur Monate ab, nachdem sie aufgelegt und an Investoren verkauft wurden. Viele Anleger verbuchten Totalverluste.

Derweil gelang es der Deutschen Bank und Goldman, relativ glimpflich davonzukommen, unter anderem weil sie sich gegen Zahlungsausfälle am Hypothekenmarkt abgesichert hatten. Dies geschah durch die Auflage von komplexen Wertpapieren, sogenannter synthetischer CDOs. Steigen die Zahlungsausfälle am Immobilienmarkt, steigt der Wert der synthetischen CDOs und gleicht Verluste in anderen Geschäftsfeldern aus. Diese Form von Versicherung wird in der Finanzwelt als "hedging" bezeichnet und ist weit verbreitet. Goldman spricht daher auch von einem völlig normalen Vorgang, der nur von dem guten Risikomanagement der Bank zeuge.

Doppelt kassiert

Kritiker dagegen sind empört. Es sei, als würde man eine Brandversicherung auf das Haus des Nachbarn abschließen und dann selbst ein Feuer legen, klagen sie. Schließlich haben die Banken besonders riskante Hypothekenpapiere oftmals nicht in den eigenen Büchern gehalten, sondern weiterverkauft - womöglich im Wissen um einen drohenden Crash.

Die Banken konnten sogar doppelt kassieren: Erst durch den Verkauf der Hypothekenpapiere, dann mit dem Wertanstieg der Versicherung, die sie auf die Hypothekenpapiere abgeschlossen hatten. Wie die New York Times berichtet, sind die Papiere teils sogar absichtlich mit besonders riskanten Hypotheken bestückt worden, damit diese bei einem Absturz des Häusermarktes auch tatsächlich rasant an Wert verlieren würden. Am Beispiel Goldman schreibt die Zeitung, dass Banken schon im Jahr 2006 Erkenntnisse über einen drohenden Kollaps des Immobilienmarktes hatten, diese aber nicht mit ihren Kunden teilten, offenbar um noch größere Profite im Eigenhandel zu erzielen.

Für die Deutsche Bank kommen die Ermittlungen zu einer denkbar schlechten Zeit. Die Bank steht bereits bei US-Behörden im Verdacht, Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet zu haben. Ein amerikanischer Kunde der Bank hat das Institut auf Schadenersatz in Millionenhöhe verklagt. Er wirft dem Institut vor, ihm im Jahr 2001 ein Steuersparmodell angepriesen zu haben, das zu diesem Zeitpunkt von der Steuerbehörde IRS bereits als illegal eingestuft worden war.

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